Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Ein kleienr Teil des Sortiments der Wiener Seife

WIENER SEIFE Wohlkultur mit verführerisch duftendem Schaum

Die Wiener Seifensieder Sonja Balauf und Christoph Hegglin

Ich wollte, dass Wien wieder eine Wiener Seife hat!

Der feste kleine Quader überrascht aufs Angenehmste, wenn man ihn unter warmes Wasser hält. Zwischen den Fingern bildet sich weicher Schaum, der die Haut entzückt, wenn man ihn aufträgt. Die abendliche Waschung wird damit zu einem wahren Genusserlebnis. Der Duft dieser Seife trägt das seine dazu bei, in Zukunft auf jedes andere Reinigungsmittel im Bad zu verzichten. Man kann ja alles damit waschen, von den Haaren angefangen bis zu den Füßen und sich nicht zuletzt in „Wohlkultur“ baden. Diese Wortschöpfung stammt von Sonja Baldauf, einer in der Schweiz lebenden Vorarlbergerin, die vor bald 20 Jahren in einer TV-Dokumentation den Wiener Seifenfabrikanten Friedrich Weiss gesehen hat. Der wortgewandte Mann war hierzulande längst bekannt für seinen guten Schmäh, mit dem er seine Stadlauer Seife an anspruchsvolle Kunden gebracht hat. Frau Baldauf fühlte sich davon spontan angesprochen und nahm Kontakt mit Weiss auf. Sie hielt sogar darüber in der Schweiz einen Vortrag und erhielt von Friedrich Weiss dafür das Grundwissen zur Seifenherstellung.

Honigseife in der originalen Schneidemaschine

Das wahre Geheimrezept wurde ihr allerdings trotz aller Freundlichkeit nicht preisgegeben. Als Friedrich Weiss 2006 überraschend verstarb, reiste sie nach Wien, nahm Kontakt mit der Schwester von Herrn Weiss auf, und beschloss, das Lebenswerk von Herrn Weiss weiterzuführen. Sie konnte dessen Mitarbeiter, der die Rezepte kannte, engagieren und begann mit ihm Seife zu produzieren. Sonja Baldauf erinnert sich an die Schwierigkeiten, die mit der Gründung eines neuen Gewerbes verbunden waren, gab aber nicht auf und konnte noch im selben Jahr eine Seifenmanufaktur gründen. Im Jänner 2007 wurde im 3. Bezirk in der Hintzerstraße auf Nr. 6 der erste Seifenladen eröffnet. Mittlerweile gibt es sie im neuen, hellen Geschäft auf Nr. 2 und im Ersten an der noblen Adresse Herrengasse 6 – 8.

Christoph Hegglin gibt das Kokosfett in den Seifenkessel

Die Tradition von Friedrich Weiss wird nun also mit Erfolg fortgesetzt und ihm posthum ein Herzensanliegen erfüllt, das in der Fortführung seiner Art der Seifenherstellung bestanden hatte. Sonja Baldaufs Lebensgefährte Christoph Hegglin übernahm schon 2010 das Seifensieden und bereut keinen Augenblick den Wechsel vom Banker zum „Seifensieder“. Mit Begeisterung stemmt er von einem Block Kokosfett, einem wunderbaren Lebensmittel, Stücke ab und gibt diese in die Rührmaschine.

Dort wird sie zusammen mit einer Lauge in einem chemischen Prozess in Seife verwandeln. Dazu kommen bestimmte Öle und in feiner Rezeptur erlesene Essenzen und Aromen eines Wiener Produzenten, aber auch Honig von einem steirischen Imker, um der jeweiligen Seife eine der gut 60 Duftrichtungen von Alpenrose über Goldföhre bis Zitronenöl zu verleihen.

Es wird noch einmal kräftig gerührt, dann ist die Seife im Prinzip fertig“, erklärt Christoph Hegglin und beginnt den zähflüssigen Inhalt des Kessels in eine hölzerne Blockform abzufüllen. Nach einer Abkühlphase von vier Tagen wird der 50 Kilo schwere Block auf der mit Klaviersaiten bespannten Maschine aus dem Nachlass von Weiss, liebevoll Krokodil genannt, in lange Quader geschnitten. Aus diesen wiederum werden mit der Hand genau abgewogene Seifenstücke (125 Gramm) abgetrennt.

Der letzte Schnitt in genau abgewogene Seifenquader

Die exakte Bezeichnung dieses Gewerbes müsste eigentlich Seifenkaltrührer lauten. Besser gefällt den beiden Seifenmachern freilich der Wienerische Ausdruck „Seifensieder“, wenngleich dieser üblicherweise eher als Schimpfwort gilt. Aber seine Gattin und er sind stolz auf ihre Tätigkeit, die in Zeiten der Rückkehr zum Originalen mehr und mehr gesucht wird. Sogar ihre Tochter Caroline, die Lebensmitteltechnologie studiert hat, wurde in die Wiener Seifensiederei eingebunden. Sie führt mittlerweile im Arther Dorfkern am Zugersee in der Schweiz eine Filiale.

Der Name „Wiener Seife“ wurde Sonja Baldauf erst 2018 gestattet. Sie erinnert sich, mit welchen Vorbehalten seitens der Behörden sie konfrontiert war: „Ich bin halt mehrfach hingegangen und war lästig. Mittlerweile ist man happy und stolz auf meinen Betrieb. Das ist für mich Reichtum: Ich kann Seife machen und verkaufen, selber davon leben und derzeit elf Mitarbeiter bezahlen“, um mit dem charmantem Nachdruck einer tüchtigen Alemannin hinzuzufügen: „Ich wollte, dass Wien eine Wiener Seife hat!

Sonja Baldauf im Seifenladen in der HIntzerstraße 2, 1030 Wien

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