PAUL SCHABL Gewinner der Schlossquadrat-Trophy 2018
Weine wie ein Porträt des Wagram
„Das Tullnerfeld ist ganz flach, dann geht es unmittelbar gut 30 Meter hinauf“, erklärt Paul Schabl die Besonderheit seines Weinbaugebietes. Geschaffen wurde diese Landschaft über Millionen von Jahren. Zuerst war das Urmeer da, die Tethys, die den Kalk der Muscheln hier abgelagert hat, dann kamen von Nordwesten her die erste Donau, die Schotter hereingeschwemmt hat, und während der letzten Eiszeit der Löss, auf dessen dicken Schichten heute die Weinstöcke stehen, ach was, stehen, die Weingärten thronen auf der weiten Höhe. Die einzigartige Bodenmischung trägt dazu bei, dass den Wein vom Wagram neben einer ausgeprägten Mineralität unvergleichliche Frische und Fruchtigkeit auszeichnen. Damit war der Sieg bei der Schlossquadrat-Trophy 2018 keineswegs überraschend, zumal der junge Winzer mit der Auswahl seiner Weine quasi ein Abbild von den Besonderheiten des Terroirs geschaffen hat. Ein Grüner Veltliner „Ried Mordthal“ vom benachbarten Ruppersthal und ein Roter Veltliner „Wagramkante“ aus Königsbrunn überzeugten sowohl Jury als auch Publikum.
Der Rote Veltliner ist an sich eine Spezialität vom Wagram, die aufgrund von geschicktem Marketing und bestechender Qualität mehr und mehr Fans unter den Weißweinfreunden findet. Mit dem Erfolg des Jungwinzer-Talents wurde diese Sorte einmal mehr in den Mittelpunkt des Interesses gerückt und ist auf dem besten Weg, neben dem Grünen Veltliner zu einer Leitsorte des Wagram zu werden.
Paul Schabl ist noch jung, er ist 27 Jahre alt, aber er hat bereits einige Studien absolviert und „Weinbau, Önologie und Weinwirtschaft“ mit dem Master abgeschlossen. In Tulln arbeitet er derzeit in der Firma „Bio-Ferm“ an der Verbesserung des Pflanzenschutzes auf biologischer Basis und ist damit zweifellos ein Experte, wenn es darum geht, die Weinstöcke auch ohne chemische Bomben gegen Schädlinge und Krankheiten zu wappnen und die anderen Winzer von diesen Möglichkeiten zu überzeugen.
Der eigene Betrieb, den Paul gemeinsam mit Vater Herbert und Mutter Romana führt, wurde ebenfalls in Richtung Naturschonen umgestellt. Ab dem Jahrgang 2018 darf auf dem Etikett des Weingutes Herbert Schabl die Bezeichnung „Bio“ geführt werden. Bei der Bearbeitung der Rebstöcke wendet Paul Schabl seit heuer den „sanften Schnitt“ an. Das heißt, der Pflanze bleiben größere Wunden, durch die ein Pilz eindringen kann, erspart. Was genau damit gemeint ist, demonstriert Paul am liebsten im Weingarten am lebenden Objekt, da die genauen Arbeitsschritte für einen Nichtwinzer gar nicht so einfach zu kapieren sind. Vom Frühjahr weg beherrschen Laubarbeit, Jäten (Entfernen ungewollter Triebe) und entsprechendes Ausgeizen den Tagesablauf des Winzers.
Beim Roten Veltliner, so stellt Paul mit einem fast bedauernden Blick fest, müssen auch die Trauben geteilt werden. „Diese Sorte hat sehr dichte Trauben, die deswegen sehr anfällig für Botrytis sind. Sie werden auf die Hälfte gekürzt. Diese Arbeit bedeutet emotionalen Stress für uns alle, wenn wir zuschauen müssen, wenn gutes Traubenmaterial auf dem Boden landet.“ Im Grunde entspricht es aber ganz seinem Motto „Beim Weinmachen ist weniger für mich mehr“, das sich nicht nur in diesem Fall bewährt.
In der bestens erhaltenen Kellergasse von Königsbrunn findet sich an zwei nebeneinander liegenden Kellerhäusern auch der Namenszug Schabl. Hier ist der geeignete Platz, um sich an die Geschichte zu erinnern. Begonnen hat es mit einem Oberknecht bei einem begüterten Gutsherrn in Königsbrunn, der diesem 1891 seinen gesamten Besitz vererbt und damit im ganzen Land Aufsehen erregt hat.
„Das war mein Urgroßvater. Er hatte zwei Frauen und viele Kinder. Deswegen wurde der Besitz auch ziemlich aufgeteilt“, erzählt Paul Schabl, der nun in fünfter Generation im familieneigenen Weingut tätig ist. Trotz seines derzeit anderweitigen beruflichen Engagements ist er mit Leib und Seele Winzer, der in seiner Heimat, eben dem Wagram, tief wie seine Weinstöcke verwurzelt ist. Er führt seine Besucher gern zu verstecken Attraktionen wie beispielsweise die Wasserkeller.
Dort stauen die Weinbauern das von der Höhe herabsickernde Wasser auf und haben damit ein praktisches unterirdisches Reservoir angelegt. Man wandert mit ihm durch pittoreske Hohlwege im Löss, er zeigt die Brutkästen, die in seinen Weingärten für die Singvögel aufgestellt sind, und man erfährt die Geschichte, die hinter dem Riednamen „Mordthal“ steckt. „Man hat entdeckt, dass die Urmenschen dort einst die Mammuts erschlagen hätten“, sagt er mit einem Lächeln, dem auch kein Prähistoriker widersprechen wollte. Zurück im Weingut ist es ihm ein besonderes Anliegen, eine Fassprobe von der eben im Werden begriffenen Reserve verkosten zu lassen.
Diesem Roten Veltliner wird nach Einsatz der Spontanvergärung so viel Zeit gelassen, wie der Wein von selbst benötigt, um den Zucker der spät gelesenen Trauben in Alkohol umsetzen zu können, was bis zu einem Jahr dauern kann. Das Zwischenergebnis ist ein großer, nach süßen teils exotischen Früchten duftender Weißwein, der alle Kraft widerspiegelt, die er von den fruchtbaren Hängen des Wagram auf seinen Weg in die Flasche und schließlich zum Connaisseur mitbekommen hat.