Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Es gibt ihn bereits, den „echten“ Heurigen – Jungwein 2020

Riede in Neustift, wo der Junge Wienr reift

Jugendliche Lebendigkeit aus österreichischen Weinrieden als erfrischender Trost in schweren Zeiten

Freche Frucht steigt in die Nase, im Mund offenbaren sich kecke Säure und die Geschmacksvielfalt verschiedenster Traubensorten, um im Abgang unbeschwerte Fröhlichkeit und die Lust auf einen zweiten Schluck zu hinterlassen. Das ist Jungwein, wie ihn Genießer lieben. Die Namen auf dem Etikett zeugen von der Phantasie der Winzer, die dafür die ersten Trauben gelesen und mutig zu Wein gemacht haben. Junger Wiener, Steirischer Junker, Springinkerl, Youngstar oder Steinfeder sind nur ein paar Beispiele, mit denen sich der erste Wein des jeweiligen Jahrgangs dem sehnsüchtig auf Neuigkeiten Wartenden präsentiert.

Im Seewinkel, genauer gesagt in Andau, dem Ort mit den meisten Sonnenstunden Österreichs, reift der Bouvier besonders früh. Erich Scheiblhofer ist damit stets einer der ersten, wenn nicht der erste überhaupt, der mit einem Weißen das neue Weinjahr einläutet.

Treffend beschrieben wird der „Youngstar 2020“ mit glänzendem Grüngelb, Reflexen von Platin und Anklängen von Pfirsich und Maracuja. Mit seinen 12 Vol.-% ist der Jungspund aus den östlichsten Weingärten des Burgenlands die freundliche Einladung, sich einen Winterabend lang den Duft des pannonischen Sommers ins Glas zu holen. Bereits in der Flasche sind übrigens auch die 2020er Grüner Veltliner, Welschriesling, Chardonnay, Sauvignon Blanc und Gelber Muskateller.

Moderner Verkostungsraum bei Scheiblhofer © Weingut Scheibhofer

Exakt seit dem Mittwoch vor Martini reitet auch der „Steirische Junker“ wieder durch die Lande. Mit Zitrusnoten, würzig grünen Paprikaschoten, Apfel- und Birnenaromen ist er ein typischer Steirer.

St. Anna am Aigen in der Südoststeiermark

Er legt allergrößten Wert auf seinen zünftigen Hut mit Gamsbart, dem unverkennbaren Junkerzeichen, das nur mit dem ® als der registrierten Marke für Echtheit garantiert. Die Trauben stammen von den besten Lagen der Süd-, Südost- und Weststeiermark, wo 160 Winzer mit insgesamt 40.000 Flaschen gediegenes Handwerk und als kulinarische Draufgabe unter www.steirischerkunker.at zugleich Rezeptideen für ein festtägliches Degustationsdiner ins Haus liefern.

Ludwig van Beethoven, dessen Gedenkjahr wir heuer begehen, hätte seine Freude am „Jungen Wiener“ aus dem Weingut Mayer am Pfarrplatz in Heiligenstadt gehabt.

Schließlich hat er nur ein paar Schritte davon entfernt eine zeitlang gewohnt, große Werke komponiert, ein berührendes Testament geschrieben und war bekanntlich auch dem Wein nicht abgeneigt. Jedoch, was damals in das Glas gefüllt wurde, lässt sich wohl kaum mit dem heutigen Wein vergleichen, der sich in seiner Fruchtigkeit von Birnen- und traubigen Aromen und einer lebendigen Struktur als Quelle der Inspiration und ernsthafter Begleiter der vielgerühmten Wiener Küche empfiehlt.

Wiener Riede in Neustift

Springinkerl“ ist das launige Versprechen der Mödlinger Winzerin und Heurigenwirtin Birgit Pferschy-Seper, wenn es um die belebende Wirkung ihrer Jungwein-Cuveé geht.

Verarbeitet sind darin die regionaltypischen Rebsorten der Thermenregion wie Rotgipfler oder Zierfandler, die diesem quicklebendigen Kerl den besonderen Charakter der malerischen Weinberge südlich von Wien verleihen. Wenn die Frau Pferschy mit ihren Töchtern, die das Etikett mit vielen aktiven „Maxerln“ gestaltet haben, in Weingarten und Keller ans Werk geht, ist ihr Betrieb die Verkörperung von Frauenpower, deren Charme Weingenießer beiderlei Geschlechts zu begeistern vermag.

Frauenpower im Weingut Pferschy © Weingut Pferschy

Zeitig im Frühjahr überzieht die Stipa pennata die Trockenrasen der Wachau mit ihren Samenfäden, um später die Hüte der Winzer zu zieren. Im Herbst steht diese Pflanze für den ersten Wein.

Im Topweingut Domäne Wachau gibt heuer der Grüne Veltliner „Steinfeder Gneis & Löss“ eine vielversprechende Vorahnung von trinkfreudigem Federspiel und großem Smaragd der strengen Vinea Wachau. Mit 11,5 Vol.-% Alkohol und einer frischen Säure von 6,5 ‰ ist sie ein wahrer Lichtblick in dunklen Zeiten und eine Einladung, spätestens bei der Marillenblüte durch die steilen Terrassen dieser wunderschönen Landschaft zu wandern, um dann beim Heurigen die Früchte dieser Kraxlerei zu genießen.

Das barocke Kellerschlössel der Domäne Wachau
Etikett, gestaltet von Christian Ludwig Attersee © Weingut Jurtschitsch

Bereits zum 34. Mal haben im Weingut Jurtschitsch Kunst und Wein zusammengefunden. Christian Ludwig Attersee hat seinem Lieblingswein, dem Grünen Veltliner, wieder ein Kunstwerk gewidmet. Die „GrüVe-Artistin“ zeigt ein durchaus vinophiles Huhn, das sich offensichtlich am temperamentvollen und lebendigen Charakter dieses Weins erfreut. Das Hendl ist anspruchsvoll, denn dem GrüVe® 2020 liegen moderate Erträge, selektive Handlese und eine behutsame Vinifikation zugrunde. Das Ergebnis ist ein vitaler, animierender, fruchtbetonter & erfrischender Wein, der als vielseitiger Begleiter zu österreichischen Klassikern einsetzbar ist.

Weinflasche GrüVe 2020 © Weingut Jurtschitsch

Rot, jung, fruchtig: Das ist „Der Junge 2020“ aus der Themenregion im Steinfeld bei Tattendorf.

Die acht Winzer sind bekannt unter „Die Burgundermacher“ und haben auch heuer wieder eine Cuveé aus Pinot Noir, St. Laurent und Blauem Portugieser als ersten Rotwein rechtzeitig zum Martinigansl kreiert. „Für uns ist der Junge jeden Herbst ein erster Gradmesser, wie der neue Jahrgang unterwegs ist“, erzählt Günter Dopler, in dessen Betrieb dieser Gemeinschaftswein abgefüllt wird, der seine Stärke u. a. bei winterlicher Kürbisküche oder als Begleiter eines feinen Wildragouts auf der weihnachtlichen Festtafel entfaltet.

Flaschenfote der Burgundermacher

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