Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Das Huszárborház in der Ebene zwischen Donau und Theiß

HUSZÁRBORHÁZ Rotwein aus dem größten Kellerdorf der Welt

István Huszár bei der Rotweinverkostung in seinem Keller in Pinzefalu

Entdeckungsreise zu den Köstlichkeiten Südungarns

Wenn István Huszár Gäste empfängt, müssen sich die Tische biegen. Auf einer Tafel vor dem Weingut sind Spezialitäten aus der Gegend angerichtet: würzige Kolbas, fein aufgeschnittene Salami, geräucherter Schinken, Speck, Leberwurst und ein Topf mit Gänseschmalz, dazu knackige Paprika, Pfefferoni, die ihrem Namen beim Reinbeißen alle Ehre machen, Paradeiser und Zwiebel, also ein richtiges Frühstück in der Puszta. Verdaut wird das herzhafte Mahl mit einem Gläschen Pálinka. Ein Schnäpschen sollte, so István, am Anfang eines jeden gelungenen Tages gekippt werden. Erst mit dieser in jedem Sinne kräftigenden Unterlage ist man in der Lage, die Zeit bis zum Abend mit der Energie des Winzers einigermaßen mitzuhalten.

 

Der erste Weg führt in seine Weingärten in der Nähe von Hajós. Um auch verstanden zu werden, sollte man Hojosch sagen. Der Ort liegt in Südungarn östlich der Donau und wurde in früherer Zeit von Schwaben besiedelt, den sogenannten Donauschwaben. Weinbau betrieben haben hier schon die Römer in der Antike.

eine Staute des hl. Urban in Pinzefalu

Von ihnen haben die Magyaren diese Kunst übernommen. István selbst ist Ungar. Während der kurzen Autofahrt erzählt der Winzer, dass er als junger Mann in den Platingruben bei Pécs geschuftet hat. Nachdem er dort alle möglichen Posten bekleidet hatte, wäre ihm nur das Dasein eines Eselhirten geblieben. Also hat er sich 1980 für den Wein entschieden und das Winzerhandwerk gelernt. Als sich der Eiserne Vorhang gehoben hat und die bis dahin von kommunistischen Genossen betriebenen Weinproduktionen am freien Markt nicht mehr so richtig angekommen sind, hat István begonnen, sich selbständig zu machen. Weingärten waren günstig zu haben, er hat gekauft und Anfang der 1990er-Jahre mit einem eigenen Betrieb angefangen. István erinnert sich mit feinem Lächeln, dass ihn die Genossen beneidet haben, als er für seine Weine eine Goldmedaille nach der anderen eingeheimst hat.

Eine odrdentliche ungarische Jause mit Kolbas, Gänseschmalz und v.a.m.

Es sind 40 Hektar daraus geworden, auf denen seine Weinstöcke gedeihen. Reihe um Reihe zieht sich weit hin über die Ebene bis zum Horizont, der von einer fernen Buschreihe begrenzt wird. Aufgrund der Lage können die Weingärten wirtschaftlich mit Maschinen bearbeitet werden. Der Boden besteht aus Löss und Sand, ist also ideal für den Weinbau und weniger geeignet für andere Feldfrüchte. Der Winzer schwört auf den Doppelstreckbogen bei der Erziehung seiner Rebstöcke.

So lassen sich sowohl Laubarbeit wie auch Lese praktisch mechanisch erledigen. Einen guten Teil der hier geernteten Trauben verkauft er an andere Produzenten. Für sich behält er nur soviel, wie er für seine Kunden braucht. Er spart damit an Personal und kann sich besser auf seine eigenen Weine konzentrieren. Sogar sein einziger Weißwein, ein Cserszegi fűszeres wird von einer Kollegin produziert. Es handelt sich bei dieser Traubensorte um eine Kreuzung aus Rotem Traminer und Irsai Olivér, die 1960 von Károly Bakonyi für einen, wie schon der zweite Teil des Namens sagt, würzigen Wein geschaffen wurde.

Das Weinsortiment des Huszárborház

Auf dem Rückweg von den Weingärten wird in einer gemütlichen Tscharda zu Mittag gegessen. Für István wäre es unverzeihlich, wenn einer seiner Gäste Hunger leiden müsste. Für das Dessert wird in Soltvadkert Station gemacht. In der mit Preisen überhäuften und mit der Stephanskrone ausgezeichneten Korona Cukrászda gibt es das beste Eis des Landes, nebenbei hervorragende Mehlspeisen, ein kleines Museum und eine literarische Kunsthalle mit Reliefs der großen Poeten Ungarns.

Während man an den wunderbaren Kreationen des begnadeten Zuckerbäckers schleckt, erzählt István mit leuchtenden Augen, dass seine junge Frau vor kurzem eines Kindleins genesen ist und dennoch mit ihrem Studium der Rechtswissenschaften weitermachen wird. Die Rede kommt auch auf die zahlreichen Attraktionen der Gegend, die noch zu sehr abseits der touristischen Pfade liegen. Man sieht dem guten Mann an seiner Miene an, dass er damit nicht wirklich glücklich ist. Hätte der Tag nur 48 Stunden, er hätte noch so viel zum Herzeigen, was jeden Besucher mit Garantie interessieren würde.

Das Weingut von Istvan Huszár in Pinzefalu

Wieder zurück im Weingut, das mit seiner Aufschrift HUSZÁRBORHÁZ unverkennbar István als Besitzer ausweist, werden zuerst Pläne eines neuen Gebäudes auf den Tisch gelegt. Hinter schwungvollen Fassaden, gehalten im Bauernbarock, soll in den nächsten Jahren die Kundschaft stilvoll bewirtet werden. Aber auch das moderne Gebäude, das sich jetzt aus der Ebene erhebt, lässt nichts zu wünschen übrig. Es erlaubt dem Winzer die Produktion seines Rotweines mit zeitgemäßer Technik.

Ein ganzes Jahr wird er in den Stahltanks hinter dem Haus vergoren und dann in Ruhe gelassen. Erst nach Ablauf dieser doch langen Zeit kommt er in die Holzfässer, um noch einmal zu seiner Milde sowohl am Gaumen als auch im Abgang zu reifen. Dann kommt noch einmal ein Jahr Rasten und Reifen in der Flasche. Es handelt sich dabei um eine Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Merlot und der alten ungarischen Traube Kékfrankos, bei uns bekannt als Blaufränkischer. Was sich auf den ersten Blick wie eine harte Mischung aus Bordeauxweinen ausnimmt, wird bei István Huszár zu einem ungemein trinkfreundlichen Roten.

Der Ort, wo der Rote im Fass seiner Füllung entgegenharrt, liegt an einem ganz besonderen Ort. In Pinzefalu, auf Deutsch Kellerdorf, gibt es 1200 Weinkeller, die sogar von der UNESCO eines Weltkulturerbes für würdig befunden wurden. Einer davon gehört István, der in einer Röhre drei Meter unter einem Weingarten seine Fässer lagert. Hier wird ernsthaft verkostet, wobei der Wein mit einem Schläucherl aus dem Fass gezogen und in die Gläser verteilt wird. Der Winzer ist für jede Meinung offen und freut sich selbstverständlich, wenn auch der jüngsten Kreszenz seines Kellerbestandes beachtliches Potential bescheinigt wird. Auf ihrem Spaziergang durch die Reihen der malerischen Kellerhäuser werden die Besucher vom Duft des Rotweins begleitet, denn die meisten der hier tätigen Weinbauern stellen Rotwein her. Dass immer wieder auch bei Nachbarn gekostet wird, gehört zum guten Ton und ein Tratscherl über den heurigen Jahrgang kann dank eines anwesenden Übersetzers aufschlussreiche Erkenntnisse über die Verhältnisse im südungarischen Weinbau bringen.

Ein wunderschön gefäbrte Weinblatt in den Weingärten von Pinzefalu

Irgendwann macht sich die Sonne über der Puszta zum Untergang bereit. Vor dem Weingut Huszárborház wurde in der Zwischenzeit unter einem Kessel Feuer gemacht. Darin brodelt ein rassig scharfes Hühnerpörkölt seiner Vollendung entgegen. Was passt dazu besser als Rotwein?! Zum Essen getrunken wird der Huszárok bora, der „Hauswein“ des Winzers, bevor der sieben Jahre alte Vitézek Bora, begleitet von allgemeinem Oh und Ah, kredenzt wird. Für die Damen und weniger Rotwein-affinen Herren gibt es einen Rosé mit bemerkenswerter Frische. „Lustige Liedeln“ werden in die Ebene hinaus gesungen, bis auch denjenigen, die kein Wort Ungarisch verstehen, die Tränen in den Augen stehen. Der Tag, der mit einem Pálinka begonnen hat, wird gefeiert und auf absolut einschmeichelnde Weise beendet. Bei dieser Gelegenheit erinnert sich István:

„Ich war beleidigt, als einmal Gäste meinen trockenen Wein nicht trinken wollten. Also habe ich einen Süßwein erfunden, aus Rotwein, Zucker und Sprit, mit 18,5% Alkohol.“ Der Weinlikör nennt sich Carmen und hat ähnliches Temperament wie seine Namensgeberin; kräftig, attraktiv und verführerisch. Ein derart einladendes Fluchtachterl ist eines der vielen guten Argumente, endlich eine Entdeckungsreise zu den Köstlichkeiten Südungarns um Hajós und Pincefalu anzutreten.

Impression aus Pinzefalu, dem größten Kellerdorf der Welt
Blick in die Weiten der Puszta vom Weingut Huszárborház
Huszárborház Logo 500

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