Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Der Hermannsberg mit der Steinernen Schnecke

DREI HERREN Das Kunst-Weingut am Radebeuler Goldenen Wagen

Das Weingut Drei Herren in der Weingartenstraße 34, Radebeul

Ein Skulpturenpfad zwischen kunstvoll gepflegten Weinterrassen

Von seinem Alter her kann „Drei Herren“ kaum mit den anderen sächsischen Weingütern mithalten. Es wurde 2004 gegründet, nachdem Prof. Dr. Rainer Beck das verfallene Anwesen in der Weinbergstraße 34 in Radebeul zwei Jahre zuvor gekauft hatte. Das Haus selbst ist aber aus 1705, ein Anbau aus 1750. So besehen verbirgt sich in den historischen Gemäuern sehr viel Tradition, die nun mit den Anforderungen an eine moderne Kellerei zu einem der Topbetriebe unter sächsischen Weingütern kombiniert wurde. Es geht nicht nur um den Wein, sondern um das Ganze einer Kultur, die sich von hier aus seit Jahrhunderten über den deutschen Sprachraum verbreitet hat. Zwei Zentren des deutschen Geistes – Dresden ist die Nachbarstadt, Leipzig ist knapp 100 Kilometer entfernt – haben mit herausragenden Persönlichkeiten Malerei, Musik und Literatur geprägt. Treibstoff für die hochfliegenden Gedanken war bestimmt der Wein, der seit urdenklichen Zeiten an den Ufern der Elbe gedeiht und der Landschaft mit Terrassen und Steillagen bis heute ihr anziehendes bukolisches Ambiente verleiht.

Prof. Dr. Rainer Beck mit einem seiner Kunstwerke im Weingarten

Dazu zählt auch der Radebeuler Goldene Wagen, der sich hinter den „Drei Herren“ erhebt. Er ist eine der Spitzenlagen der Elbe-Weinregion. „Wein von der Elbe ist eine Rarität“, stellt Jacob Öhler, Kellermeister der „Drei Herren“ fest, „denn wir haben hier das kleinste Anbaugebiet in Deutschland.“ Es sind fünf Hektar, von denen zweieinhalb in Radebeul und zweieinhalb am anderen Ufer der Elbe, am Sörnewitzer Boselberg, bewirtschaftet werden. „Das Gestein ist Syenit, also magmatisches Urgestein, das unseren Weinen ihre ganz charakteristische Mineralität verleiht“, lässt Öhler tief in den Boden blicken, dem er alle Sorgfalt angedeihen lässt: „Die Bodenarbeit wird ausschließlich mechanisch durchgeführt und großes Augenmerk auf die richtige Untersaat gelegt. Auf Herbizide wird verzichtet.“ Dazu kommt ein Mikroklima, das auf den Hängen winterharte Kakteen und Feigen gedeihen lässt und, so Öhler: „trotz der Kleinheit eine erstaunlich große Sortenvielfalt ermöglicht. Es gibt zehn Rebsorten und auf der Weinkarte 20 Weine."

Weit vorne steht der Goldriesling, im Grund kein Riesling, sondern, wie es der Kellermeister mit einem Augenzwinkern ausrückt, „ein Frühstückswein mit wenig Alkohol und einem extrem frühen Lesezeitpunkt. Nach einer Maischestandzeit von sechs Stunden wird daraus aber eine unverwechselbare Spezialität mit schöner Aromatik aus reifen gelben Früchten. Da wir mittlerweile nur in Sachsen diesen Wein erzeugen, dürfen wir ruhigen Gewissens von einer autochthonen Sorte sprechen.

Die restaurierten Innenräume des Weingutes Drei Herren
Kellermeister Jacob Öhler im historischen Keller

Punkto Qualität kann „Drei Herren“ trotz der wenigen Jahre seines Bestehens im vordersten Bereich mithalten. So erhielt es unter anderem 2009 und von 2011 bis 2017 den Bundesehrenpreis der DLG, dem führenden Qualitätswettbewerb für deutsche Weine und Sekte, ist aktuell im DLG Wein-Guide als Nr. 1 in Sachsen gelistet und zählt damit zu den Top 100 der besten Weinerzeuger Deutschlands. Sein Gründer, der Kunsthistoriker Dr. Rainer Beck, hat sich damit aber nicht zufrieden gegeben.

Er erweiterte das Weingut zu einer Galerie, zu einem Schauplatz für seine Kunstsammlung. Die Terrassen, wegen ihrer Herkunft „Württembergische Mauern“ genannt, wurden mit Skulpturen bestückt, die man im Zuge einer Wanderung hoch zur „Steinernen Schnecke“ immer wieder bei Rosen- und zwischen Weinstöcken entdeckt. „Diese Schnecke“, so lässt Prof. Beck seine Besucher gerne an seinem großen Wissen teilhaben, „ist der nunmehr letzte derartige Bau aus dem 16. Jahrhundert in Deutschland.“ Bekrönt wird sie seit 2016 vom „Schneck“. Über diesen Keramikkopf von Detlef Reinemer blickt man über Dresden hinweg weit über das sächsische Sandsteingebirge bis ins Böhmische nach Süden.

 

Am Fuße des Hermannsberges, wie dieser Weingarten heißt, liegt das alte Gebäude, das von Prof. Beck fachkundig restauriert und als erstklassiges Galerie-Restaurant eingerichtet wurde.

Die Räume waren im 18. Jahrhundert mit der damals beliebte Chinoiserie, also mit chinesischer Kunst nachempfundenen Malereien ausgestattet. Sie wurden wieder freigelegt und dienen nun als edler Rahmen für die gesammelte zeitgenössische Kunst. Vertreten sind auch Österreicher wie Arnulf Rainer, Walter Pichler, Günter Brus und Ludwig Christian Attersee. Sie schaffen ihrerseits wieder den kunstvollen Hintergrund für wahrhaft exklusive Feste. Der Veranstaltungskalender lädt zu „4 Gänge / 4 Weine / 4 Köche“ oder zum vom Küchenchef Sebastian Matzel kreierten Wild-Menü oder der weltweit ersten öffentlichen Aufführung von verschollen geglaubten Werken der Komponistin Amalie von Sachsen. Man ist aber auch außerhalb dieser Termine bei den „Drei Herren“ gern gesehen und genießt die herzliche Stimmung, die zwischen den dort Beschäftigten allgemein herrscht, verkostet einen lebendig frischen Traminer und dazu Köstlichkeiten aus der regionalen saisonalen Küche, bevor man in diesen aus Kunst und Wein geschaffenen Parcours genussvoll eintaucht.

Sinnende Frau von Waldemar Otto vor der Steinernen Schnecke
Kunst im Weingarten (David Lee Thomson: Weekend Warrior 1986)
Das benachbarte berühmte Spitzhaus von Radebeul
Frühlingsimpression aus dem Weingarten von Drei Herren
Blick hinab zum Weingut Drei Herren über den Schneck von Detlev Reinemer
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