Kärntner Weinbauern räumen auf mit alten Vorurteilen
Klagenfurter Stadtwinzer sind alles andere als ein Phantom
Auf der Seewiese nördlich von Klagenfurt erstreckt sich – man mag es glauben oder nicht – ein Weingarten mit prächtigen jungen Stöcken hinab Richtung Wörthersee. In der Traubenzone, die sorgfältig gegen gefräßige Amseln mit feinen Netzen geschützt ist, reifen Trauben von gezählten acht Weinsorten: Neben den Roten Trauben Zweigelt, Blauburger, St. Laurent, Merlot sind es die weißen Riesling, Pinot Blanc, Chardonnay, Sauvignon Blanc. Wie es der Platz zulässt, formen die Stockreihen ein Trapez.
Der felsige Untergrund besteht aus Kreuzberglschiefer, aus dem auch der Klagenfurter Lindwurm gemacht ist. Mit solchen Voraussetzungen ist der Boden ohne Frage ideal für den Riesling, der auch zu bester Qualität heranreift. Aber nicht nur diese Sorte. „2013 habe ich hier einen Sauvignon mit 14 Prozent Alkohol produziert“, sagt stolz Helmut Unterkofler. Er ist Sprecher der acht Klagenfurter Stadtwinzer, die noch hobbymäßig ihre Weinstöcke betreuen. Sie alle haben in diversen Kursen ihre Ausbildung zum Winzer absolviert und lernen nun voneinander, um den strengen Vorgaben dieses exklusiven Clubs auch gerecht zu werden.
Jedem einzelnen von ihnen ist vorgeschrieben, jedes Jahr Qualitätswein zu machen. Anders wäre es ein Kündigungsgrund, der aber, so Unterkofler, noch nie angewendet werden musste. Er selbst war Hauptschullehrer und gab als ausgebildeter Sänger Konzerte. Mit seiner Pensionierung 2002 hat er, wie er sagt, „nahtlos hier als Winzer übernommen.“ 730 Stöcke werden von ihm betreut, die jedoch die Nachfrage nach Wein aus seinem „Weingut“ kaum decken können.
Begonnen hat der Weinbau in Kärnten allerdings weit früher. Aus dem Jahr 822 datiert die erste Urkunde, die Kärntner Weinbau belegt, also viel früher als in anderen uns selbstverständlich erscheinenden Weinregionen, „Bis Ende des 16. Jahrhunderts gab es ausgedehnten Weinbau“, weiß Helmut Unterkofler. Später, also bis ins 20. Jahrhundert, ist nur der Sittersdorfer Rötel erwähnenswert. Es handelt sich dabei um eine Art Schilcher, gepresst aus der Roten Wildbacher Traube, der seinen Charakter erst durch den Herbstreif erhält. Auf Anraten des Gesandten Fürst Franz von Rosenberg soll angeblich sogar der spanische König Karl III. damit seine Gastritis gelindert haben.
Aktuell wurde der Weinbau erst wieder in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Die klimatischen Voraussetzungen sind durchaus nicht so übel, was beispielsweise Herbert Garntner 1972 veranlasste, in St. Andrä gemeinsam mit seinem Vater Wein zu pflanzen und damit die uralte Tradition wieder zu erwecken. In Klagenfurt, also in der Kärntner Hauptstadt, wurde zur gleichen Zeit mit dem Wein begonnen. Helmut Unterkofler erinnert sich an den fehlgeschlagenen Versuch aus 1974.
Die Partnerstadt Wiesbaden schenkte Klagenfurt mit dem heute 96 Jahre alten Weinliebhaber und damaligen Bürgermeister Leopold Guggenberger 150 Rebstöcke. „Sie wurden feierlich eingepflanzt.
Weitere Stöcke von anderen befreundeten Städten kamen dazu, aus Italien, Slowenien, aber Kraut und Rüben, ein wirklich bunter gemischter Satz. Keiner hat gefragt, ob das daher passt. Drei Jahre später wurde Wein gemacht.“ Unterkofler hat die Kreszenz verkostet und kam zum Urteil, dass der Name Wein dafür absolut nicht passend war. Ein weiterer Pfusch war der Biowein, den ein Privater probiert hat. Auch dieser Weingarten wurde wieder ausgerissen.
Nachdem im Jahr 2000 die Wiesbadener den Klagenfurtern bei der Rheingauer Weinwoche sogar einen eigenen Stand reserviert hatten, wollte man nicht mit leeren Händen dastehen. Aus ganz Kärnten wurde verzweifelt Wein zusammengesammelt, bis man mit einigen Flaschen auftreten konnte. Derartigen Mängeln wurde in der Zwischenzeit insofern abgeholfen, dass 2003 nach harten Pachtverhandlungen mit der Stadt auf der Seewiese ein Weingarten angelegt wurde.
Gedacht war die Kooperative als Projekt der Vinum Carinthiae, dem 1993 gegründeten Kärntner Verein zur Förderung des Weinbaus, und ist unter der Bezeichnung „Klagenfurter Stadtwinzer“ prächtig gediehen, wie überhaupt der Kärntner Wein. Etliche Winzer haben es zum Einzug im SALON Österreich geschafft, und vor drei Jahren, so stellt Helmut Unterkofler mit zufriedenem Lächeln fest, mit einem Pinot Noir sogar den SALON-Sieger gestellt.