Kultur und Wein

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Abgang zur Albertina Passage

Marcus Philipp, Sieger im World Class Österreich Finale

Marcus Philipp an der Arbeit in der Bar der Albertina Passage

Bartender aus Berufung

Mit einem virtuos weit ausholenden Schwung schießt Taqueray in den Shaker. Gin ist die Basis für eine Drink-Kreation von Marcus Philipp, zu der ihn ein Salat von Chefkoch Alex Kumtner inspiriert hat. Abend für Abend verwöhnen diese beiden Spitzenkräfte des Dinnerclubs Albertina Passage die Gäste mit Ideen und exzellentem Können. Für die lauschige Gemütlichkeit nach Essen und Tanz ist Marcus zuständig. Zu ihm kommen die Menschen nicht nur um zu trinken, sondern auch um jemanden zum Reden zu haben, entweder unter der geselligen Gästeschar oder direkt mit dem Barkeeper selbst. Marcus Philipp sieht sich gleichermaßen als Freund und Seelsorger, während er die Drinks zusammenstellt. Mit seinen Tipps, wie man zuhause Ähnliches produzieren könnte, ist er nicht neidig. Umgekehrt kann es sogar vorkommen, dass er Anregungen der Gäste aufnimmt und ihnen einen kleinen Ritterschlag angedeihen lässt, indem er die Rezeptur, an der sie mitgearbeitet haben, in die Liste der Drinks seiner Bar setzt.

Crazy Funky Fizz, eine Kreation von Marcus Philipp

Für den Crazy Funky Fizz, an dem er gerade werkt, braucht er Koriander und Minze. „Das leicht Seifige im Koriander wird durch die Minze aufgehoben und ergibt eine wahnsinnig tolle Kombination“, schwärmt Marcus, während er Zitrone, Zucker und Lemonbitter fein dosiert dem Gin hinzufügt. Salzwasser wird darüber gesprayt, um eventuelle Bitterstoffe zu entziehen, bevor es ans Shaken geht und dann der gut geschüttelte Inhalt auf Eis gegossen wird. Ein paar Blätter Koriander und Minze mit Scheiben getrockneter Limette sind die Deko des Drinks, der, wie Marcus sagt, als Hommage an die Küche, in einer Schale serviert wird und so einfach genüsslich geschlürft werden kann.

Marcus Philipp an der Arbeit

Dass kein Strohhalm verwendet wird, ist Teil der Philosophie des Bartenders. Zitronenscheiben können getrocknet und als Deko eingesetzt werden, sogar die Schalen der Ananasfrucht lassen sich wieder verwerten, Servietten werden vermieden und statt zerbrechlicher Gläser werden von ihm mit viel Fantasie verschiedenste Gefäße eingesetzt. Das Stichwort Zero Waste, also Abfall so wenig wie möglich, hat nicht unerheblich zu seinem Sieg bei der Diageo World Class Österreich 2017 beigetragen.

Diageo ist der weltweit größte Spirituosenhersteller und veranstaltet seit einigen Jahren in 55 Ländern lokale Wettbewerbe für Bartender, bei dessen Finale in Mexiko Marcus heuer sensationell unter die Top 10 gekommen ist.

 

Vor dem Sieg in Wien war jedoch eine Reihe von Vorausscheidungen zu bestehen. Am Anfang stand die einsame Entscheidung in einer Blackbox, „die bestens bestückt war, mit allem, was man sich vorstellen kann“, erinnert sich Marcus. Er hatte zuvor die Geschmacksrichtung gezogen. Für ihn galt es, den Naschmarkt in einem Drink zu thematisieren. Selbstverständlich fruchtig. Dazu kam als wesentliche Auflage, mit nachhaltigen Materialien zu arbeiten. Fünf Minuten hatte er Zeit, sich damit einzudecken und fünf Minuten, um vor den Judges zu mixen. Der nächste Schritt war die schwierigste Herausforderung. Es ging um „Tasting“ und „Nosing“, also um Geschmacks- und Geruchssinn. In 20 schwarzen Gläsern konnte sich jede Spirituose dieser Welt befinden und sollte erkannt werden.

Der Arbeitsplatz von Marcus Philipp in der Albertina Passage

Eine schöne Challenge war dann doch das Story Telling. Vorgegeben war ein Johnny Walker Blue Label Wien Edition“, erzählt der Barkeeper, um auch gleich zu verraten, wie ihm ein Ausflug in die Geschichte der Wiener Kulinarik den entscheidenden Anstoß gebracht hat. In einem Kochbuch aus Kaisers Zeiten fand er Rezepte der Habsburger, dachte aber gleichzeitig an deren Untertanen, die sich solcherlei Speisen nicht leisten konnten. Sie brauchten Lebensmittel, die sie auch nährten.

Geworden ist es ein Eggnog mit ganzem Ei, Whiskey und Zitrone. Dessen Herstellung erfolgte jedoch nicht an der Bar, sondern in einem Fiaker im Rahmen eines Riding Dinner. „Shaken mussten wir wegen des Kopfsteinpflasters nicht viel“, lacht Marcus, der auch damit die Juroren beeindruckte. In der altehrwürdigen Eden Bar wurde dann aus drei verbliebenen Kandidaten der Sieger ermittelt. Es ging um sechs Drinks, die in acht Minuten, dieses Mal vor Publikum, gemixt und mit entsprechendem Schmäh präsentiert werden mussten. And the Winner was: Marcus Philipp!

 

Begonnen hat seine Laufbahn als Bartender vor 16 Jahren. Marcus selbst bezeichnet sich als Quereinsteiger, gibt aber gleichzeitig zu, dass ihn die Gastronomie schon seit Kindertagen begleitet und fasziniert hat.

Seine Ausbildung erhielt er in ausgezeichneten Bars der Stadt und zählt mittlerweile zu den Besten seines Fachs. Im Albertina Passage Dinnerclub hat er in der Smoky Bar nun sein „Wohnzimmer“ gefunden, das auch von seinen Gästen gerne als solches angenommen wird. Hier treffen nicht nur ausgewiesene Barflys aufeinander, sondern auch Leute, die einfach Gesellschaft suchen und mit Garantie hier finden, vor allem aber auch neue Cocktails wie zum Beispiel „Mamma Mia“.

Mamma Mia, eine Kreation von Marcus Philipp

Der amerikanische General Negroni ist einmal in eine Bar gestolpert und hat einen Drink aus Campari und Antica Formula Wermut verlangt. Statt dem Soda hat der Mixer Gin dazu gegeben und der alte Haudegen war schlicht begeistert.

Seither gibt es den Klassiker Negroni in den Bars dieser Welt. Ich wollte daraus etwas Leichteres machen“, erklärt Marcus seine Herangehensweise ans Kreieren, „und habe von den Geistern nur die Hälfte genommen.“ Ein Tropferl Lemon Bitter und Grapefruit Bitter werden dazu gerührt und dann mit Lemonsoda aufgefüllt. Eine Orangenzeste, mit der das Glas vorher eingeduftet wurde, dient als Garnierung. „Ein Schluck und Begeisterung“, strahlt Marcus, „dabei habe ich an die Toskana gedacht und bin die Chartliste durchgegangen. Ganz vorne war Mamma Mia.“ Wenn er dafür Komplimente erhält, macht es umso mehr Spaß, an manchen Tagen vom Nachmittag weg bis spät in der Nacht hinter der Bar zu stehen, um den anderen ein schönes Erlebnis zu bereiten. Seine Schürze will er erst ablegen, wenn´s ihn einmal nicht mehr freut, aber diese Gefahr besteht bei ihm derzeit in keiner Weise. „Ich habe sie bis heute an, weil ich es gerne mache“, versichert Marcus Philipp, um stolz hinzuzufügen: „Bartender sein ist für mich Leidenschaft, Beruf und Berufung.

Gerührt und nicht geschüttelt, ein Mamma Mia im Entstehen
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