Draußen in Neustift einkehren beim jungen Fuhrgassl-Huber
Thomas (23), ein Garant für Tradition und Zukunft des Wiener Weines
Es sind bald 300 Jahre, dass die Familie Huber in Neustift eingewandert ist. Seit 1720 sind sie Weinhauer und ganz bestimmt sind in ihrer Buschenschank begnadete Weintrinker wie Beethoven, Schubert oder unser Schani Strauß zu Gast gewesen. Damals machte man die Landpartie noch zu Fuß oder mit dem Stellwagen. Heutzutage ist es ein Katzensprung mit dem Autobus, der auch spät nachts noch die Zecher in die Stadt zurück bringt. Der Heurigenbesuch in Neustift am Walde hat aber nichts von seinem Zauber verloren. Beim Fuhrgassl-Huber wird wie dazumal der Wein aus dem eigenen Weingut ausgeschenkt, wenn auch nicht im selben Haus. Ernst Huber und seine Frau Gerti haben sich vor 42 Jahren selbständig gemacht und das Haus Nr. 68 vis-a-vis von den Eltern gekauft. Damit man sich von den vielen Huber im Ort unterschieden hat, wurde das Fuhrgassl zum Namen genommen, ein malerisches Wegerl, das neben dem Haus ins Weingebirge hinauf führt. Der Fuhrgassl-Huber wurde zur Legende und wird es auch bleiben, zumal sein Enkel Thomas mit großen Ambitionen vor einigen Jahren das Weingut übernommen hat.
Ein großer Teil des Weins kommt aus Neustift, besser gesagt, aus den Weingärten hinter dem Haus. 70 Prozent davon werden bereits vom Fuhrgassl-Huber bewirtschaftet. Eingeteilt ist der Berg in drei Rieden. Ganz oben liegt die Steillage Neuberg. „Der Boden ist steinig und die Weinstöcke müssen tief wurzeln, um genug Feuchtigkeit zu haben. Vor allem Junganlagen haben es dort schwer“, beschreibt Thomas die Gegebenheiten, die sich von den beiden Lagen darunter wesentlich unterscheiden, „weil am Mitterberg und der Hofstatt gleich hinter den Betrieben drainagiert werden muss. Der schwere lehmige Boden war Sumpfgebiet und noch immer muss das Wasser von den Stockreihen abgeleitet werden.“
In den Weingärten, von denen sich noch ein paar Hektar auf ausgezeichneten Lagen im 19. Bezirk verteilt finden, gedeihen unglaublich viele Sorten. Einige davon wie Grüner Veltliner oder Riesling werden reinsortig ausgebaut. Das große Interesse des jungen Winzers gilt jedoch den alten Sorten wie Roter Veltliner, mit dem der in Wien zum Pionier geworden ist, oder dem in unseren Breiten aus der Mode gekommenen Neuburger.
In seinem Wiener Gemischten Satz DAC finden sich unter anderen noch Müller Thurgau, dem Thomas beste Eigenschaften als ertragsicheren Jungwein bescheinigt, „grad beim Heurigen, wo frischer Wein gefragt ist“, oder Burgunder, Grüner Silvaner, Traminer, Gutedel, Goldburger, Welschriesling, der seltene Rote Muskateller und mehr. Im Ganzen sind es 20 Sorten, von denen vom Gesetz her keine mehr als 50 und nicht weniger als 15 Prozent ausmachen darf. Gelesen werden in einem bestimmten Weingarten alle Sorten gemeinsam, wobei der Reifezeitpunkt sehr sorgfältig gewählt werden muss. „Die eine Sorte ist bereits sehr reif, die andere noch nicht ganz, aber das macht ja den Reiz den Gemischten Satzes aus.“
Über Jahrhunderte hat man in Wien den Gemischten Satz getrunken und sich nichts dabei gedacht. Irgendwann wurde er jedoch neben reinen Sorten und raffinierten Cuvées vergessen. Erst WienWein hat ihn wieder auf die feine Tafel zurück geholt. Einige hervorragende Winzer der Wiener Stadt wollten nicht mehr mit ansehen, dass die Leute nicht so sehr des Weines, sondern eher des üppigen Buffets wegen zum Heurigen pilgerten. Sie haben radikal auf Qualität gesetzt und gleichzeitig auf eine geschickte Vermarktung und damit ihren Wein wieder ganz vorne positioniert. Thomas Huber ist neben Topwinzern wie Fritz Wieninger oder Michael Edelmoser Mitglied von WienWein und spielt damit an vorderster Front in der höchsten Liga der einzigen Wein-Weltstadt mit.
Voraussetzung dazu ist eine Produktion auf dem neuesten Stand der Technik. Vermarktet wird der Wein in drei Linien: In der Klassik finden sich junge, frische, trockene Weine, die, so Thomas, „einfach Trinkvergnügen bereiten sollen.“ „Neustift am Walde“ ist die zweite und meist verkaufte Line.
„Neustift ist noch ein richtiges Dorf“, schwärmt der Winzer, und er ist mit Leidenschaft bestrebt, das schöne alte Ortsbild zu erhalten, etwas anderes hat sein Neustift nicht verdient. In der dritten Linie werden Lagenweine angeboten, die edelsten Sorten mit hohem Reifepotential, die regelmäßig bei den Preisen ganz vorne liegen.
Die beste Art, Wein vom Fuhrgassl-Huber zu trinken, ist ein Besuch des Heurigen. Seine Schwester Theresa sorgt für die kulinarische Grundlage. Beim Heurigen ist es das Buffet, das unwiderstehlich nach Knieling und Backhendl duftet. Im Haus daneben wartet die Hauerkuchl mit typischer Wiener Küche. Neben anderen Köstlichkeiten gibt es dort geröstete Leber, Beuschel und Tafelspitz. An den Wänden hängen alte Fotos von Neustifter Hauern und serviert wird das Essen genauso wie früher in jedem gemütlichen Wiener Wirtshaus.
Tradition ist dem jungen Mann eben ein Anliegen. Dazu zählt auch die Winzerkrone, von der sich sein Großvater eine Kopie anfertigen und im „Stadl“, einem sensationell stimmungsvollen Saal, aufhängen ließ. Das Original befindet sich das Jahr über im Kronenstüberl. Die prächtige Krone erinnert an das Jahr 1752, in dem nach einer schlechten Ernte auf Bitten der Weinhauer von Maria Theresia der sogenannte „Buschen“ eingeführt wurde, als Zeichen für das Recht, Wein selbst und steuerfrei verkaufen zu dürfen.
Zum Dank wurde ihr die Hauer-Krone verehrt, die nach einem Jahr wieder zurückerstattet wurde und seither beim Neustifter Kirtag drei Tage lang im festlichen Umzug von einem Winzer zum nächsten getragen wird. Der Kirtag ist eine mords Remasuri, bei der sich ganz Wien in Neustift trifft. Einerseits freut´s Thomas Huber, aber ein wenig Angst hat er doch, dass über den ganzen Wirbel der wahre Grund dieses Festes übersehen werden könnte.
Leise Sorge bereitet ihm auch die Zukunft seines Standes als privater Wiener Weinhauer, da er, wie der 23jährige Winzer bedauert, einer den wenigen seiner Generation ist, die noch mit eigener Hände Arbeit in Weingarten und Keller ihren Wein herstellen.