Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Blick vom cer Passhöhe Il Roccolo: Vulkane in der Ebene von Padua

Die Euganeischen Hügel: Wein und Wandern auf Vulkanen

Arquà Petrarca

Einen liebenswürdig eigenwilligen Teil Italiens genussvoll entdecken

Baden und Beten liegen in Italien an sich nahe beieinander. Im Nordosten der Euganeischen Hügel, der Colli Euganei, sind es gerade einmal fünf Kilometer zwischen Abano Terme und der Benediktinerabtei Praglia. Mit dem Fahrrad ist die Strecke in kürzester Zeit zurückgelegt, denn die Straße ist ausnahmsweise flach und führt am Rand der respektgebietenden Hügel entlang. Wer auf strampelnde Weise den wohltuenden Anwendungen des Kurbades für ein paar Stunden entkommen will, sollte schon zuvor jedoch entsprechend für Kondition gesorgt haben. Jeder Gedanke, in die Welt jenseits der Ebene, die sich nach Norden hin ausdehnt, einzudringen, birgt gnadenlose Steigungen mit zahllosen Kurven auf schmalen Straßen. Bleibt also doch wieder einmal das gute, verlässliche Auto, mit dem eine Entdeckungsreise in die Colli Euganei angetreten werden kann. Auch sie bietet jede Menge reizvoller Abenteuer, ist aber doch weit bequemer als eine Eroberung dieses eigenwilligen Landstrichs zwischen Vicenza und Padua mit eigener Kraft.

Keuzgang in der Abbazia di Praglia

Den Besuch der Abtei Praglia sollte man sich für den Nachmittag aussparen. Erst ab 15.30 Uhr hat man im Sommer Gelegenheit, im Rahmen einer Führung das Kloster zu betreten. Praglia ist, abgesehen von einigen Unterbrechungen im 19. Jahrhundert, seit beinahe 1000 Jahren lebendige Stätte von Ora und Labora der Benediktinermönche.

Eine Besonderheit der Abbazia di Praglia sind vier Kreuzgänge, die in all ihrer Verschiedenheit die solchen Anlagen eigene meditative Ruhe ausstrahlen. Direkt an die Klostermauern schließen Wein- und Obergärten an und zwischen blühenden Hecken stehen Bienenstöcke. Die Früchte dieser klösterlich beschaulichen Landwirtschaft werden im Klosterladen angeboten und geben gleichzeitig einen Überblick über die genussvollen Ergebnisse der weiteren Entdeckungsreise.

Wunderbare Stimmung in den Kreuzgängen der Abbazia di Praglia

In erster Linie ist es Wein, der in den Colli Euganei zu einigen besonderen Arten ausgebaut wird. Eine der wichtigsten ist die Traube des gelben Muskatellers. Als DOCG findet man sie im verführerisch süßen Spumante unter der Bezeichnung Fior d´Arancio, der in allen möglichen Preisklassen erhältlich ist und sich ebenso gut als Begleiter der Dolci Italiani eignet wie der aus getrockneten Muskatellertrauben gewonnene Fior d´Arancio Passito. Diesen eher lieblichen Weinen mit dem zauberhaften Duft nach Orangen steht der frisch fruchtige Serprino gegenüber.

Abendstimmung in einem Weingarten in den Colli Euganei

Bei ihm handelt es sich um einen leichten Frizzante, gekeltert aus der Glera-Traube und mit DOC als typisch für seine Region ausgewiesen. Wer die Muße aufbringt, bei einem der zahlreichen Winzer zu einer Verkostung einzukehren, wird noch mehr seltene Sorten finden, zum Beispiel den Garganega oder den Pinello. Bei den Rotweinen ist der Merlot vorherrschend, der mit Cabernet Franc oder/und Cabernet Sauvignon zu einer Cuvée „bordolese italiani“ verschnitten wird.

Jeder der Weine lässt seinen ganz eigenen Boden spüren und bald hat man die Erfahrung, um den Unterschied zu schmecken, ob eine Traube auf Kalk oder auf Vulkangestein gewachsen ist. Der Wein erzählt auf wunderschöne Weise die Entstehungsgeschichte der Colli Euganei. Um ihm auch in die Vergangenheit folgen zu können, besucht man praktischerweise das MUVI, das MUSEO del VINO COLLI EUGANEI in Vo´, einer Ortschaft am westlichen Rand der Hügel. Auf beeindruckende Weise wird dort anhand von Projektionen das Werden der Colli Euganei erklärt.

Weinlabor des Consorzio Tutela Vini Colli Euganei in Vo'

Vor ca. 35 Millionen Jahren herrschte an dieser Stelle tief unter dem Meeresspiegel lebhafte vulkanische Tätigkeit. Die von der ausgespuckten Lava gebildeten Kegel wuchsen und brachen dabei durch eine dicke Kalkschicht am Meeresgrund. Als später das Wasser der heutigen Ebene Platz gemacht hatte, fanden die ersten Pflanzen zweierlei grundverschiedene Böden vor, eben Kalk und Basalt, die sich beide großartig für den Anbau von Wein eignen.

Die Vulkankegel prägen nach wie vor das Aussehen der Colli Euganei. Sie sind schon von Venedig aus zu sehen und umgekehrt könnte man von den Hügeln an sehr klaren Tagen die Lagunenstadt am Horizont im Osten ausnehmen. Um den Blick von hoch oben über die Weiten der Ebene gleiten zu lassen, bieten sich einige ideale Aussichtspunkte. Einer davon ist die Passhöhe von Il Roccolo mit einer gemütlichen Trattoria samt Aussichtsterrasse und ein zweiter der Monte della Madonna, benannt nach einem kleinen Wallfahrtswort mit einem ungemein stimmungsvollen Kirchlein mit einer aus Avesa Stein gemeißelten Marienstatue aus 1350.

 

Solche Ziele sind gleichzeitig Ausgangspunkte für Wanderungen durch den Parco Regionale dei Colli Euganei.

Die Landschaft, die abgesehen von Weingärten und Kirschbaum-Plantagen mit Wald bedeckt ist, konnte eine bewundernswerte Vielfalt an Pflanzen und Tieren bewahren. Man sollte sich die Mühe machen, Wanderschuhe anzuziehen und sich beispielsweise an der Ersteigung des Monte Grande versuchen. Man wird dafür belohnt, im Frühjahr mit der Blüte seltener Orchideen, im Sommer und Herbst mit Schwammerln und im Winter wohl mit wohltuender Einsamkeit.

Moderne Kunst im Kurpark von Terme Abano

Wer sich einen Sommersitz leisten konnte, ließ sich hier seine Villa erbauen. Die Colli Euganei waren der noble Rückzugsort für wohlgestellte Paduaner und Venezianer. Man hatte die Thermen vor der Nase und die Natur im Rücken. Man braucht nur die Augen offen zu halten, um diese Prachtbauten hinter teils großzügig angelegten Gärten zu entdecken.

Die Villa dei Vescovi in Luviglino di Torreglia ist mit Sicherheit eine der prächtigsten ihrer Art. Sie thront mitten zwischen Obst- und Weingärten. Ihre Anfänge gehen auf 1500 zurück, ihr Äußeres erhielt sie vom Architekten Giulio Romano, die Innendekoration vom flämischen Maler Lambert Sustris. Hier überbrückten die Bischöfe von Padua mitten im Grünen die heißen Monate und konnten, wie auch heutige Besucher, das beindruckende Zusammenspiel von Baukunst und Landschaft genießen.

Villa dei Vescovi in Luviglino di Torreglia

Das alles sind gute Gründe für eine Reise in Colli Euganei, die in Verbindung mit einem Aufenthalt in einer der beiden großen Kurorte Abano Terme und Montegrotto Terme ein Ganzes an körperlicher, geistiger und seelischer Rekreation ergeben. Entlang der malerischen Straßen, die sich durch die Vulkankegeln schlängeln, wird man mit Sicherheit noch viel mehr entdecken.

Jede der Ortschaften ist es wert, ihr einen kurzen Besuch abzustatten, unter der schattigen Markise einer Bar bei einem Espresso entspannt auf historisches Gemäuer zu blicken und mit dem freundlichen Kellner ein wenig zu chiacchierare. Das heißt nichts anderes als tratschen, wie das Wetter werden wird und welche Streiks draußen in Padua oder in Rom wieder den Verkehr lahmlegen, während hier in den Euganeischen Hügeln in aller Ruhe das nächste Ziel dieses Ausfluges beratschlagt wird.

Blick auf die Landschaft der Colli Euganei durch ein romantisch verfallenes Tot
Consorzio Tutela Vini Colli Euganei Logo 300

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