Kultur und Wein

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Verduno

CASTELLO DI VERDUNO Wein und Gastlichkeit im königlichen Schloss

Eingangshalle des Castello di Verduno

Der Wein, der als erster den Nordpol erreicht hat

Der Altersunterschied ist deutlich zu erkennen. Die niedrigen Gebäude links stammen aus der Zeit um 1500. Rechts erhebt sich ein elegantes Schloss. „Es wurde Ende 1700 gebaut“, erzählt Marcella Bianco, die für den Weinkeller im linken Teil zuständig ist: „Es war das Haus der königlichen Familie der Savoyer. Hierher konnte sich der König zurückziehen. Mein Urgroßvater hat es 1910 gekauft, mit den Weingärten, die seither im Besitz unserer Familie sind.“ Das Flair des Hochadels hat sich bis heute erhalten, wenngleich das Schloss längst ein gastliches Haus geworden ist. Es wird von Gabriella Burlotto, Marcellas Mutter, sowohl als Hotel als auch als Restaurant geführt und ermöglicht den Nachkommen einstiger Untertanen in original eingerichteten Zimmern und einem mit Gemälden reich ausgestatteten Speisesaal wahrhaft königliches Feeling zu erschwinglichem Preis. Zwischen Fotos des Urgroßvaters und anderer Familienmitglieder hängt ein Spiegel, über und über beschreiben mit eingeritzten Namenszügen.

Eine Flasche mit Verduno  Doc, Pasadone aus der Traube Pelaverga piccolo

Marcella: „König Carlo Alberto hat sich selbst hier verewigt und nach ihm viele Freunde unseres Hauses. Wir haben zwei von diesen Spiegeln, den hier im Eingangsbereich, den anderen in einem der Zimmer.“ Dahinter öffnet sich ein Tor zum Garten. Im Sommer kann man dort das Abendessen einnehmen. Inmitten von Blumen und hübschen Bäumen lässt es sich wunderbar dinieren, begleitet von den Weinen des Hauses, mit einem herrlichen Blick über das Land, der bei klarer Sicht bis hin zu den Alpen reicht.

Original eingerichtetes Zimmer im Hotel Castello di Verduno

Cavalier G. B. Burlotto, so der Name des Urgroßvaters, hat den Weinbau weiter intensiv betrieben. Marcella berichtet stolz, dass sein Wein der erste zumindest über dem Nordpol war. Gemeint ist damit die Expedition von 1926, bei der Umberto Nobile mit dem von ihm gebauten Luftschiff gemeinsam mit Roald Amundsen zweifelsfrei über den Nordpol gefahren ist und auf den Erfolg mit Wein aus dem Castello di Verduno angestoßen haben mag. „Vero!“, also wirklich, beteuert Marcella.

Und es gibt keinen Grund, ihr nicht zu glauben. Im anheimelnden Dunkel der alten Cantina zeigt sie auf eine Reliefkarte mit Langhe und Roero. Sie weiß um die gravierenden Unterschiede zwischen den Landschaften, die nur der Roero-Fluss trennt. Sogar durch das Barologebiet zieht sich eine Grenze. „Die Weine von Verduno, La Morra und Novello haben mehr Eleganz und Finesse. Südöstlich sind sie durchwegs kräftiger.“ Dass ein und dieselbe Traube wie Nebbiolo so verschiedene Ergebnisse zeitigen kann, liegt am Boden, der im Roero-Gebiet erdgeschichtlich gesehen sehr jung ist, im Barolo und im Barbaresco dagegen aus Kalk, Lehm und ein wenig Sand besteht.

Der Garten von Castello Verduno, in dem man wunderbar speisen kann

Derzeit besitzt die Familie zwei Weingüter, eines davon eben hier in Verduno am nördlichen Ende des Barologebietes. Das andere liegt 15 Kilometer entfernt in der Barbaresco-Zone. In beiden Betrieben wird Nebbiolo gekeltert und unter dem einen Etikett Castello di Verduno verkauft. Der Winzer ist Franco Bianco, Marcellas Mann. Gemacht wird der Wein, auch der Barolo, in der Cantine Centenarie im Barbaresco und kommt als fertiger Wein schließlich in die Cantina in Verduno.

Dort wird er in Flaschen abgefüllt und nach entsprechender Lagerung verkauft. Die Bedingungen sind im alten Schlosskeller dafür ideal, maximal 13 bis 16 Grad das ganze Jahr über. Hier in dieser feucht kühlen Tiefe werden auch die Schätze des Weingutes aufbewahrt, die, so ist Marcella überzeugt, gut 30 bis 40 Jahre ihre Qualität bewahren.

Ca´del Re mit seinem schattigen Innenhof

Um die von dieser Familie im Wein ausgedrückte Liebenswürdigkeit von Verduno einige Tage unbeschwert genießen zu können, sollte man sich im Ca´ del Re, im Haus des Königs, einmieten. Ein paar Schritte unterhalb des Schlosses wurde ein Bauernhaus zu einem Agritursimo ausgebaut, das von Giovanna, der Schwester von Marcella, geführt wird. Riesige Bäume bieten Schatten, um auch an heißen Tagen in angenehmer Atmosphäre einfach dazusitzen. Dabei trinkt man am besten leicht gekühlten Verduno Pelaverga.

Marcella beschreibt diesen Wein wie einen Kuss. Vero! So schmeckt er auch! Verduno Doc., wie er auch bezeichnet wird, ist eine alte autochthone Sorte, die man schon um 1600 erwähnt findet. Er soll, so wird berichtet, vom diesem Weingut seinen Ausgang genommen haben.

König Carlo Alberto führte schon Anfang des 19. Jahrhunderts hier im Schloss önologische Experimente durch, wohl auch mit dieser Traube. Gewonnen wird der Verduno aus der Pelaverga piccolo in einem Weingarten in den Zonen Massara und Olmi. Ausgebaut wird er ausschließlich reinsortig zu einem frischen Rotwein, den man sehr jung trinken sollte, um nach einigen Gläsern gespannt darauf zu warten, ob tatsächlich die vom Volksmund nachgesagte aphrodisische Wirkung eintritt.

Ein Sonnenuhr am Schloss
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