Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Die Skyline von Bologna vom Balkon des Hotels Palace aus

Bologna, ein Städtetrip für Körper, Geist und Seele

Die Neptunstatue im Zentrum von Bologna

Herzlichkeit auf Italienisch im Schatten von zwei schiefen Türmen

Aus dem Wald sogenannter Geschlechtertürme, mit denen einander einst die Noblen der Stadt zu übertreffen versuchten, sind nur ein paar wenige übrig gebeblieben. Kurioserweise haben zwei davon überlebt, die von Anfang an nichts von der geraden Richtung nach oben hielten. Im Abstand von wenigen Metern führen die berühmten Due Torri Asinelli und Garisenda mit atemberaubender Schräge jede Regel der Statik ad absurdum. Aber vielleicht ist es gerade dieser zähe Widerstand gegen das Umfallen, der sie zum Wahrzeichen von Bologna avancieren ließ. Um 1300 wurde der 94,5 m hohe „Torre degli Asinelli“ errichtet und galt damals als höchster Profanbau Europas. Heute darf er gegen ein kleines Entgelt bestiegen werden. Der Lohn für die mühsame Überwindung der schmalen Treppe ist der beeindruckende Überblick über eine Stadt, die für ihre Besucher eine Fülle an Entdeckungen bereithält. Gemeint sind damit alle Lebensbereiche, vom kulinarischen Genuss über Kultur bis zur ganz natürlichen Frömmigkeit im Alltag.

 

Mortadella, Friggione, Tortellini in brodo und Tagliatelle al Ragú sind die köstlichen Botschafter des Bauches dieser Stadt.

Die Due Torri Asinelli und Garisenda mit atemberaubender Schräge

Lasagne Verdi alla bolognese ist ebenso ein Pflichtgericht wie Cotolette alla bolognese, ein goldbraun herausgbackenes Kalbsschnitzerl, belegt mit Prosciutto crudo und bestreut mit Parmesan. Ein traditionelles Dolce (Dessert) ist Il Certosino di Bologna, eine Art Lebkuchen mit Honig, kandierten Früchten und Nüssen. Alle diese Rezepte werden überaus ernst genommen.

Sie wurden detailliert aufgezeichnet und in der Außenstelle der Accademia Italiana della Cucina bei der Camera di Commercio di Bologna hinterlegt. Getrunken wird dazu recht gern ein Calice (Glas) moussierender Weißwein, den Pignoletto, der aus der Umgebung von Bologna stammt. Man sitzt dabei unter einem der Arkadengänge an der frischen Luft und doch unterm Dach und kann aus diesem sicheren Unterstand dem gelassenen Treiben auf den schmalen Straßen der Altstadt zuschauen.

Palazzo del Podestà an der Piazza Maggiore

Bologna ist an sich eine Stadt der Arkaden, die zusammengerechnet angeblich eine Länge von 36 km ergeben. Auf raffinierte Weise hat man damit den Wohnraum der Stadt vermehrt, der lange auf den knappen Raum innerhalb der Stadtmauern beschränkt war. Draußen vor der Stadt wollte kaum wer siedeln, zu kriegerisch und zu unsicher waren die Zeiten. Noch stehen etliche der alten Stadttore.

Porta Maggiore und die Autobusse, die mit einem dichten Netz in der Stadt unterwegs sind.

Sie grenzen heute die Altstadt deutlich von den Wohnhausanlagen und Betrieben davor ab. Die Arkaden haben es erlaubt, einfach über die Straße zu bauen und durch Säulen und Bögen dem eigenen Laden im Erdgeschoss den entsprechenden Vorplatz zu schaffen. Bis heute können Fußgänger ungestört vom Fahrzeugverkehr im reichlichen Warenangebot der eleganten Geschäfte gustieren und die Touristen die Informationstafeln der Palazzi studieren.

Man kann sich in Bologna nur schwer verirren. Die wichtigsten Straßen sind gerade und systematisch angelegt. Vom Bahnhof führt die Via dell´Indipendenza direkt ins Zentrum.

Man hat es erreicht, wenn rechts die Via Ugo Bassi und links die Via Rizzoli zu überqueren sind. Die Neptunstatue am Brunnen gegenüber und dahinter die unfertige Fassade der Basilica di San Petronio sind das sichere Zeichen, im Herzen der Stadt Bologna angekommen zu sein. Praktischerweise gibt es eben dort unter den Arkaden des Palazzo del Podestà eine Info für Touristen und die entsprechenden Unterlagen, um die nächsten Tage mit abwechslungsreichem Programm zu füllen.

Basilica di San Petronio mit der halbfertigen Fassade

Man sollte es zumindest versuchen, Bologna in seinen vielen Facetten gerecht zu werden. Nicht umsonst haben sich im Lauf seiner Geschichten etliche Beinamen angesammelt. „La turrita“ ist in den beiden schiefen Türmen in jeder nur erdenklichen Form allgegenwärtig und von keinem Souvenirstand wegzudenken. Von „la grassa“, der Fetten, war bereits oben die Rede.

Die belebte endlose Arkade an der Via dell´Indipendenza

„La rossa“ wird gern auf die Fassaden aus roten Ziegeln zurückgeführt, aber auch auf die politische Einstellung der Bewohner.

 

Die ehrenvolle Geschichte als älteste europäische Universitätsstadt mit Gründung um 1088 belegt „la dotta“, die Gelehrte. Das schönste Beispiel stilvollen Unterrichts vergangener Tage ist das Teatro Anatomico im Palazzo dell'Archiginnasio. Seine Wände sind vollkommen mit Holz verkleidet und der Baldachin, unter dem der Vortragende Platz genommen hatte, wird von zwei feinst geschnitzten Gehäuteten (Gli Spellati) getragen. Es ist heute eines der Museen von Bologna, die von der Archäologie über eine umfangreiche Mittelaltersammlung bis zur modernen Kunst alle Spielarten der Kultur in dieser Stadt abdecken. Ergänzt werden sie durch Galerien, in denen sich junge Künstler mutig dem kritischen Befinden qualitätsverwöhnter Bologneser aussetzen, wie beispielsweise Erika Cuoghi, die sich in ihren Arbeiten auf Engel und dem Nachempfinden alter Buchmalereien konzentriert.

Neben einer Fülle an Palazzi weist Bologna eine ausnehmend große Dichte an Klöstern und Kirchen auf und verdient damit durchaus auch die Bezeichnung „die Fromme“. Aus einer ganzen Gruppe von Kirchen besteht St. Stefano, entworfen vom Stadtpatron Sankt Petronius als Nachahmung des Heiligen Grabes in Jerusalem mit den Stationen der Passion Christi. Jede der zahlreichen Kirchen, von denen etliche zur Basilika geadelt sind, bietet ihre Besonderheit.

Erika Cuoghi mit einem ihrer Engel in der Galerie "Il Punto"

Fast überall findet sich eine hilfsbereite Seele, die den Besucher gern darauf hinweist, egal ob es sich um ein Fresko von Guido Reni oder einem der Vertreter aus der Künstlerfamilie Carracci handelt, um eine Statuengruppe oder ein besonders strahlendes Glasfenster. Freundlichkeit gegenüber den Gästen ist an sich ein erfreulicher Charakterzug der Bewohner dieser Stadt.

Teatro Anatomico im Palazzo dell'Archiginnasio

Sie wissen es und sind stolz darauf. Eine lächelnde Kellnerin, subito in der Bedienung und allerorten Geduld mit einem nur mäßig Italienisch stotternden Touristen machen einen Städtetrip nach Bologna zur Erholung für Körper, Geist und Seele.

 

Mit einem Besuch von Il Santuario della Madonna di San Luca lassen sich sogar Sportlichkeit und Spiritualität zu einer Fußwallfahrt verbinden, auf der einiges an lässlichen Sünden abgebüßt wird

Man verlässt die Stadt durch die Porta Saragozza, von der Il Portico, eine durchgehende Arkade mit streckenweise ordentlich steilem Aufstieg über eine Länge 3.796 m zur Basilika hinauf führt.

Es empfiehlt sich, bis zum Arco del Meloncello, einem prächtigen Säulenbau am Fuß des Colle della Guardia, den Bus zu benutzen. Ziel ist Madonna di San Luca, eine Ikone, die in der Volksmeinung dem Evangelisten Lukas zugeschrieben wird, wahrscheinlich aber aus dem zehnten oder elften Jahrhundert stammt. Flankiert wird diese einfache und doch ungemein berührende Mariendarstellung von Gemälden der großen Maler Bolognas, mit denen der Innenraum der von Carlo Francesco Dotti im 18. Jahrhundert errichteten Kirche geschmückt ist. Aus 1433 ist ein Wunder überliefert, das dieses Gnadenbild vollbracht haben soll. Dauerregen drohte die Landwirtschaft zu schädigen. Man holte deswegen die Madonna di San Luca herunter in die Stadt, um sie um besseres Wetter anzuflehen. Die Gebete wurden erhört, der Regen hörte auf. Seitdem besucht die Madonna jedes Jahr ihre Stadt, wo sie zuerst in der Kathedrale San Pietro verehrt und dann in einem Umzug zur Basilika des Schutzpatrons San Petronio gebracht wird, wo der Bischof in feierlicher Zeremonie die Stadt segnet.

Basilika Santo Stefano: Kirche Santo Sepolcro (Heiliges Grab) mit dem Grab des hl. Petronius

Man sollte also genügend Zeit einplanen, um wenigstens einen Teil der Sehenswürdigkeiten und Attraktionen von Bologna erleben zu können.

Sie sind durchwegs ruhig und unaufgeregt. , aber vielleicht gerade deswegen einen Besuch wert. Bologna ist für viele nichts als eine Station auf der Bahnreise in den Süden oder eine Zwischenlandung auf dem Flug nach Florenz oder Rom. Umso größer ist die Überraschung, wenn man in Bologna aussteigt und sich der Hauptstadt der Emilia-Romagna widmet, die trotz ihrer namentlichen Bekanntheit auch für verwöhnte Vielreisende durchaus noch als Geheimtipp zu empfehlen ist.

Il Santuario della Madonna di San Luca
Sonnenaufgang in Bologna

Statistik