Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Barolo mitten in Weingärten

BAROLO Dem Geheimnis eines großen Weines auf der Spur

Ein Wand aus Barolofässern im WIMU

Vom Korkenziehermuseum über das WIMU hinab zu den Schätzen in den Kellern

Zumindest zwei Jahre im Fass und ein Jahr in der Flasche, so lautet die bekannte Faustregel für den Barolo. Aber schon in der ersten Cantina, die man auf dieser wundersamen Reise durch eines der bekanntesten Rotweingebiete dieser Welt betritt, wird man eines Besseren belehrt. Fast könnte man sagen, es gibt mindestens so viele Philosophien wie Barolowinzer. Ein jeder von ihnen schwört auf seine Methode, die zwar vom gesetzlichen Rahmen determiniert ist, aber noch genug Raum bietet, um eigene Ansichten durchzusetzen. Von allen aber wird streng darauf geachtet, dass die Trauben nur aus der als Barolo bezeichneten Region stammen, die bereits in sich, so die Winzer unisono, gewaltige Unterschiede aufweist, ganz zu schweigen von den Nachbargebieten wie Roero oder Barbaresco, wo ebenfalls Nebbiolo wächst, der in ähnlicher Weise ausgebaut wird, angeblich aber in keiner Weise mit dem Barolo zu vergleichen ist. Sogar der Barbera d'Asti, eine Rotweinsorte, die in allen drei Zonen gedeiht, erhält, je nach Gegend, seine jeweils ganz eigene persönliche Note.

Ein Türklopfer in La Morra

Am besten, man überzeugt sich selbst davon im Keller eines Barolo-Winzers. Vorab-Informationen bietet die Internetseite der Strada del BAROLO, die auf Italienisch und Englisch die angeschlossenen Winzer auflistet und dem Besucher mit einem Mausklick ermöglicht, die jeweilige Cantina zumindest einmal virtuell aufzusuchen, bevor man selbst die längst fällige Reise in den Piemont antritt.

Monforte d´Alba

Geographisch gesehen handelt es sich bei der Barolo-Zone um ein Gebiet der Langhe (Piemont) in der Provinz Cuneo. Monforte d´Alba im Süden, La Morra im Westen, Serralunga d´Alba im Osten und Verduno im Norden sind die im wahrsten Sinn des Wortes wehrhaften Eckpunkte, die man beim besten Willen nicht übersehen kann. Sie alle sind lohnende Ausflugsziele, vor allem um Aussicht zu genießen und sich in einer der zahlreichen Vinotheken mit Wein einzudecken.

. Im Angebot stehen die Roten Barolo, Barbera oder der ebenfalls hier beliebte Dolcetto d´Alba. Es gibt auch Weißwein, so den süßen Moscato d´Asti oder Wein von „der kleinen Schwierigen“ namens Arneis. Man sollte bei seinem Giro, seiner Runde durch das Paese di Barolo, möglichst an keinem der pittoresken Bergstädtchen vorbeifahren. Fotomotive gibt es in Hülle und Fülle, und das Schöne daran, man muss sie sich durch steile, enge Gässchen erwandern und bekommt so den richtigen Appetit auf Pasta mit Tartufi, den Trüffeln, die hier auf keiner Speisekarte eines Restaurants fehlen dürfen.

eine Kapelle am Straßenrand bei La Morra

Mitten drin in diesem gesegneten Landstrich liegt die Ortschaft Barolo, erkennbar an seinem besonders mächtigen Schloss, das wie dicker Pfahl über die Dächer hinausgewachsen erscheint. Es beherbergt das WIMU, das Museo del Vino a Barolo, das zu einer emotionalen Reise durch die Welt des Weins einlädt. Über vier Etagen, die man bequem herab steigt, begegnet in beeindruckender Architektur der Besucher der Seele des Weins. Es beginnt mit Adam und Eva.

Kühn wird hier behauptet, dass der Apfel eigentlich eine Traube gewesen sei. Sie hätte zwar zu unserer Vertreibung aus dem Garten Eden, aber glücklicherweise nicht zum Verlust des Weins geführt. Wein öffnet in vielen Kulten das Tor zur Rückkehr in das Paradies, was die an einer Bar stehenden Religionsgründer deutlich machen. Auf einem Ringelspiel dreht man sich durch die vier Jahreszeiten und erlebt den Jahresablauf eines Winzers.

Dessen von Handarbeit geprägte Tätigkeit wird mit Musik aus einem selbstspielenden Flügel untermalt. Der Besucher taucht unter den Boden eines Weingartens ab und spürt die Wurzeln der Stöcke. In einer Küche entscheidet man sich entweder für das Kochrezept eines Chefs oder das der Mamma und kann die Zutaten für delikate Ravioli studieren und ein paar Schritte weiter über einen Ausspruch von Aristoteles nachdenken: Jeder Tag ohne ein gutes Glas Wein ist ein Tag ohne Sonne.

Im WIMU: Religionsgründer an der Weinbar

Der Geschichte von Barolo sind die unteren Etagen gewidmet. In einem der Säle gibt die Hausherrin Marchesa Julia Faletti ein Bankett für die wichtigsten Persönlichkeiten des Piemont, so auch für Camillo Benso Conte di Cavour. Dieser italienische Staatsmann trieb die Einheit Italiens erfolgreich voran und zum Dank ist heute in jeder Ortschaft eine Straße oder ein Platz nach ihm benannt.

Das Ringelspiel der vier Jahreszeiten

325 Barolo-Fässer erinnern daran, dass einst diese Marchesa dem König in Turin eines für jeden Tag, abzüglich der Fastenzeit geschenkt hat. Ein französisches Bett erzählt von der Verbindung von Juliette, der Frau von Carlo Faletti, mit Joséphine de Beauharnais, der Frau von Napoleon. Im letzten Saal steht man vor lebensgroßen Figuren der Familie Falletti. Sie residierte ab 1500 in diesem Schloss und war nicht nur mit dem Ort, sondern auch mit dem Barolo als Wein stets innig verbunden.

Über eine großzügige Vinothek wird man in eine kleine Seitengasse entlassen, an deren Ende sich jedoch bereits das nächste Museum befindet. Museo die Cavatappi steht über der Tür. Ein großer Korkenzieher leistet Übersetzungshilfe. Es geht tatsächlich um eine Sammlung von originellen Flaschenöffnern. Der Apotheker Dott. Paolo Annoni hatte ursprünglich nach einer Apotheke in der Nähe von Barolo gesucht, die er kaufen wollte. Gekommen ist es ganz anders.

2006 hat Annoni gegenüber dem Schloss dieses kleine Museum eröffnet. Er erinnert sich, dass ihn ein Freund mit einem antiken Flaschenöffner damit infiziert hat. Seine Sammlung umfasst mittlerweile 14.000 Korkenzieher aus der ganzen Welt und aus mehreren Jahrhunderten. Die Schönsten und Interessantesten sind in diesem Museum zu sehen. Geordnet sind sie nach den diversen Mechanismen, ihren verschiedenen Funktionen und nach ihrer kunstvollen Ausführung.

Hündin und Hund mit einem Schwanz als Korkenzieher

Der Erfindungsreichtum kannte diesbezüglich keine Grenzen. Manche davon sind im Grund Karikaturen wie der Korkenzieher mit dem Kopf eines Senators während der Prohibition in den USA. Einige sind freizügige Darstellungen französischer Erotik und es gibt Tiere, denen an die unmöglichsten Körperteile die berühmte Spirale angesetzt wurde.

Zeugnisse überaus praktischen Denkens sind die Taschenmesser mit integriertem Stoppelzieher. Einige Exemplare stammen aus 1884, wie die Ziehharmonika-Korkenzieher mit mehrteiligen Hebeln.

 

Ein sogenannter T-Korkenzieher besteht, so Dott. Annoni, stets aus einem Griff aus gedrechseltem Holz, einem Schaft aus Metall und einer Schraube als drittes fundamentales Element, um in den Korken einzudringen und ihn heraus zu ziehen. Ihnen allen gemeinsam ist das zutiefst menschliche Bedürfnis, an den Inhalt der jeweiligen Flasche zu gelangen. Auch an solchen gibt es bei Dott. Paolo Annoni keinen Mangel. Aus dem Apotheker ist nicht nur der Kustos eines Museums, sondern auch ein Händler von erlesenen Weinen aus dem Barologebiet geworden. Über einen mangelnden Zustrom an Besuchern kann er sich nicht beklagen. Der Besuch seines Etablissements zählt längst zum Pflichtprogramm der vielen Tausend Besucher, die jedes Jahr nach Barolo, in die „Hauptstadt“ eines der größten Rotweine dieser Welt pilgern.

REcht eindeutige erotische Darstellung am Griff eines franzöischen Korkenziehers aus Bronze
Strada del BArolo Logo 300
WIMU Logo 250
Museo Cavatappi Logo 300

Statistik