Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Stiller Advent in Pörtschach

Advent am Wörthersee: berührende Stille und höllisches Treiben

Da Vogl singt im oidn Bam und kana lost eam zua

Klein und Groß geim Gustieren am Adventmarkt

Das ist Poesie! Ein Kärntnerlied, das den November besingt. Die Natur ist zur Ruhe gegangen. Vom See glitzern die letzten Sonnenstrahlen zur Promenade herüber. Die mächtigen Berge rundum geben sich bereits dunkel und ernst. Dort oben muss er stehen, dieser alte Baum, auf dem ein Vogel singt, dem keiner zuhört. Noch ist kein Schnee gefallen, aber niemandem würde es einfallen, im Nebel dort hinauf zu gehen. Dafür ist der Sommer da, zur wandernden Suche nach Stille, wenn am Wasser herunten die Schickeria ihre Segeljachten und Surfbretter über den Wörthersee jagt. Jetzt, am Beginn des Advents, ist nichts mehr von diesem mondänen Treiben zu spüren.

Das Adventschiff in Pörtschach vor der Abfahrt nach Velden

Die Wartezeit auf Weihnachten wird gefeiert, wie es sich für Kärntner gehört. Es wird gesungen, einfach gesungen, und wer einmal einen Kärntner Chor gehört hat, weiß, was das bedeutet. Und wer es nicht erlebt hat, braucht nur den Pörtschacher Advent zu besuchen und wird ein selten bewegendes Souvenir in seiner Erinnerung mit nach Hause nehmen. Die Damen und Herren des Chores haben eben auf der Freitreppe des Parkhotels die offizielle Eröffnung des „Stillen Advents am Wörthersee“ musikalisch untermalt.

Jetzt wärmen sie sich um eine Feuerschüssel sitzend mit Punsch und Glühmost auf, während die Besucher bei den hübsch dekorierten Standln unter den angebotenen Handarbeiten gustieren. Es dauert nicht lang, bis zwei, drei Stimmen erklingen und die Aufmerksamkeit wieder auf sich ziehen. Die Klangfülle des Gesangs wird allmählich dichter.

Immer mehr Sänger hält es nicht auf ihrem Platz. Einer nach dem anderen schließt sich der Runde an, mischt sich einfach in das gerade gesungene Lied ein. Sie kümmern sich nicht um eine Zuhörerschaft, die ohnehin aufmerksam und still das Geschehen genießt. Es ist ihr eigener Spaß am Singen, der sie nicht heimgehen lässt, weder den Burschen von der Wasserrettung noch die Dame mit der vollen Einkaufstasche, die nach jedem Lied weggeht, um bei den ersten Takten wieder zurückzukehren.

Verlassener Bootssteg an der Promenade von Pörtschach

Das Nachtmahl wird schon noch rechtzeitig fertig werden. Jetzt wird gesungen.

 

Die blaue Stunde wurde längst von der Nacht abgelöst. Im See erstrahlt ein früher Christbaum und vom Pier legt das Adventschiff ins noble Velden ab. Das alles kümmert die Sänger nicht. Verabschiedet hat sich nur der Bürgermeister. Es tut ihm wirklich leid, dass er nicht mehr mitsingen kann, aber er hat noch einen Termin. Die anderen sind geblieben. Ihr spontanes Ständchen verkürzt die Zeit bis zum nächsten Höhepunkt dieses Abends.

Höllisches Treiben bricht ein in die Stelle des Advents

In der Luft liegt eine gewisse Nervosität. Wie wird´s heuer werden, wieder so wild wie in den vergangenen Jahren? „Nein“, sagt eine Kärntnerin, die auf dem Adventmarkt in Pörtschach selbst gebaute Krippen anbietet, „da schaut schon die Polizei drauf“, und dann lacht sie, denn weit und breit ist keine Unform zu sehen.

 

Von der dunkelsten Stelle der Promenade her hört man bereits Schellengeklirre.

Das sind sie, die Krampusse und Perchten, die mit ihrer wilden Jagd in ein paar Minuten die Besinnlichkeit des Adventmarktes ordentlich durcheinander wirbeln werden. Als die ersten höllischen Gestalten auftauchen, flüchten die Zuschauer noch höflichkeitshalber vor den angedeuteten Rutenstreichen, später bleiben sie frech stehen und versuchen die tobenden Teufel mit dem Handy abzulichten. Die Masken sind tatsächlich furchterregend. Da steckt einige Fantasie dahinter und viel Zeit in der Anfertigung. Jeder der Perchten-Vereine, die sich in Pörtschach in dieser Nacht ein Stelldichein geben, will dafür auch Anerkennung und lässt vorne weg ein Schild mit Name und Herkunft tragen.

Ein besonders beeindruckender höllischer Gast

Ein Brauchtum wird hochgehalten, das sich im Laufe der Zeit zwar gewandelt hat, seine ursprüngliche Intention trotz aller Organisation noch spüren lässt. Ihr Lärm und die Grauslichkeit ihrer Erscheinung soll die bösen heidnischen Geister des Winters verschrecken. Dass dabei auch der Krampus als zotteliger Begleiter des heiligen Nikolaus mitrennen darf, dürfte schlicht an der Terminfrage liegen. Wann denn sonst, wenn nicht jetzt im Advent, den der Tourismus als Attraktion für Kärnten entdeckt hat, hat man eine so zahlreiche Öffentlichkeit!?

Im Grunde verhält es sich mit dem Krampustreiben aber nicht anders als mit dem Singen. Beides ist Volkskultur in reinster Form. Der Gast ist als Teilnehmer herzlich willkommen, aber keineswegs der Grund dafür, diese Zeit vor Weihnachten so stimmungsvoll zu feiern, wie man es seit Generationen rund um den Wörthersee ganz ohne den Blick auf Nächtigungszahlen getan hat.

Mond oder Straßenlaterne
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