Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Ein gemütlicher Platz zum Weingenießen: Der Kostraum des Weingutes Thell

Weingut Thell: Großer Rotwein vom Prädiumschotter...

...und viele andere gute Gründe für einen Ausflug nach Andau

Die 1996 wiedererbaute Brücke von Andau
Wilhelm Thell, bemerkenswerter Winzer aus Andau

Mit der „Brücke von Andau“ ist diese Markgemeinde im äußersten Osten Österreichs einst in das Interesse der Welt gerückt. Dass es dort neben diesem (wieder aufgebauten) historischen Denkmal einzigartige Natur (Nationalpark Neusiedlersee – Seewinkel), Rekorde an Sonnenstunden und nicht zuletzt deswegen großartigen Wein gibt, hat sich bereits herumgesprochen.

Fehlt also nur mehr der Entschluss zu einem Besuch von Andau, zu einer Entdeckungsreise durch eine Welt, die viel mehr bieten und erzählen kann, als man auf den ersten Blick vermuten würde.

Geeigneter Ausgangspunkt ist beispielsweise das Weingut Thell mitten im Ort. Wilhelm Thell ist ein Winzer, der neben der Verkostung seiner bemerkenswerten Weine die Gäste gerne zu den Sehenswürdigkeiten in der Umgebung bringt. Er ist mit seiner Heimat eng verwachsen, fühlt sich wohl in dieser Gegend, so sagt er, nicht zuletzt deswegen, weil sie ihm die besten Voraussetzungen für seinen Wein schafft.

In der berühmten Lage Prädium drängt der Schotter an die Oberfläche

Als Winzer ist er Spätberufener. Aufgewachsen ist er zwar am Bauernhof seiner Familie, wo seit 1950 Wein gemacht wird, hat aber in einer völlig anderen Branche gearbeitet, bis „mich die Reblaus gebissen hat“, erinnert er sich lachend. 2002 wurde erstmals Wein in Flaschen gefüllt.

 

Wie sein Namensvetter trifft Wilhelm Thell genau das (in diesem Fall selbst gesteckte) Ziel. In den wenigen Jahren seit der Umstellung auf Qualitätswein konnte das Weingut eine Reihe von Anerkennungen und Preisen einheimsen, unter anderem zwei Mal AWC-Gold (Zweigelt DAC Reserve 2011, Spätlese Chardonnay 2012) und für den Welschrieslung 2009 die AWC Trophy 2010.

Die beiden Spitzenrotweine des Weingutes Thell: Cuvée Sophie und der Zweigelt Reserve DAC 2011

Wie man zu solchen Erfolgen kommt? „Immer wieder Kleinigkeiten verbessern“, ist die unaufgeregte Philosophie des Winzers. Er kann sich dabei auf die Hilfe seiner Eltern verlassen, die mit ihm die Arbeit auf den ca. zehn Hektar teilen, und auf seine Tochter, der Namensgeberin seiner Cuvée Sophie (60% Zweigelt, 30% Merlot, 10% Cabernet Sauvignon).

 

Ein großer Teil der roten Trauben gedeiht auf der unter Weinfreunden sehr bekannten Riede Prädium. Der Boden ist grober Schotter, der sich mit faustgroßen Kieselsteinen zwischen den Stöcken an die Oberfläche drängt. Der Name Prädium selbst lässt bereits auf eine Toplage schließen. Als Prädien wurden ursprünglich Wohnplätze in den südwestlichen und nördlichen Komitaten Ungarns bezeichnet. Im 19. Jahrhundert wurden unter diesem Begriff auch adelige Landgüter mit Edelsitzen verstanden. Edel ist auch der Wein von der Prädium, die nichts an ihrer Klasse durch den wachsenden Wald an Windrädern verliert.

Wir brauchen die Energie“, lautet der lakonische Kommentar von Wilhelm Thell, „und Windräder sind mir immer noch bei Weitem lieber als jedes Atomkraftwerk.

Genauso wenig lassen sich die Wildtiere vom Summen der drehenden Windflügel stören. Das bekannteste unter ihnen ist die Großtrappe, die im April in Andau ankommt und den Sommer in den Weiten an der Grenze zu Ungarn verbringt. 1956 spielten sich genau an diesem Ort dramatische Szenen ab. In Ungarn war der Volksaufstand von sowjetischen Truppen niedergeschlagen worden. 200.000 Menschen mussten flüchten und fanden in Österreich herzliche Aufnahme.

Kunst an der Straße zur Brücke von Andau: Die Flucht 1956 von Josef Eger

Die kleine Bücke über den sogenannten Einserkanal, der den Neusiedersee entwässern sollte, war für viele der letzte, einzige Weg in die Freiheit. Die Brücke wurde später von den Sowjets gesprengt, 1996 aber wieder aufgebaut. Sie erinnert an dieses dunkle Kapitel europäischer Geschichte, genauso wie die Kunstwerke auf dem Weg dorthin, mit denen der Gedanke Flucht aufgearbeitet wurde.

Stolz präsentiert Wilhelm Thell seinen Gästen die Brücke und sogar das damalige Feuerwehrhaus, in dem die Flüchtlinge eine erste, sichere Bleibe gefunden haben. „Mit Pferdefuhrwerken hat man sie abgeholt“, erzählt er, „weil es noch zuwenig Traktoren gegeben hat, und damit in den Ort gebracht.“ Beim anschließenden gemütlichen Zusammensitzen in seinem freundlichen Kostraum wird dann noch mehr darüber geredet werden, während man sich genussvoll das reichhaltige Sortenprogramm des Weingutes Thell aus Andau kostet.

Die Straße zur Brücke von Andau, Landschaft im Nationalpark Neusiedlersee - Seewinkel
Der  Feldhase im Nationalpark
Windräder in der Prämium

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