Josef Tatzber zu Gemeindewein und Wilfersdorfer Schlosswinzern
Ein spezieller Weinviertel DAC kommt aus dem Herzen des Zayatals
Die Aussicht von dem kleinen, weiß verputzten Kellerhaus der Familie Tatzber ist bemerkenswert. Der Blick streift über die sanften Hügel des Zayatals mit reifenden Kornfeldern und den grünen Streifen der Weingärten, und er reicht weit nach Norden, „an klaren Tagen bis zu den Pollauer Bergen in Tschechien“, beschreibt Josef Tatzber das Panorama. Die Kellergasse von Ebersdorf, einer Katastralgemeinde von Wilfersdorf, liegt nicht wie üblich in einem Hohlweg, sondern zieht sich malerisch über eine freie Anhöhe. „Deswegen machen seit Jahren die Wanderer des Pfingstfestes von Hermann Nitsch bei meinem Keller Station“, erzählt der Winzer, „Sie schauen sich die wunderbare Gegend an, werden von uns mit Brot und Wein bewirtet und gehen dann wieder zurück ins Schloss Prinzendorf“, um hinzuzufügen, dass sie auch heuer wieder gekommen sind.
Die Hauptarbeit im Weinbaubetrieb Tatzber hat mit den Söhnen Stefan und Christian bereits die nächste Generation übernommen.
Für den „Senior“ und seine Frau Johanna bleibt noch genug zu tun. Neben dem Wein wird noch Feldwirtschaft betrieben, wobei der Schwerpunkt auf Alternativkulturen wie dem Speisesoja liegt. Die Viehhaltung wurde schon vor einiger Zeit aufgegeben. Wo einst Maststiere gestanden sind, wird jetzt in einer modernen Anlage Wein produziert. Geblieben ist das Hoffest mit Sautanz.
Anfangs September findet es heuer bereits zum zehnten Mal statt. Persönlich fühlt sich Josef Tatzber aber eher vom Weinbau herausgefordert: „Man kann im Wein kreativ sein. Jeder kann was ausprobieren und was Neues machen. Das Kribbeln ist es, was es interessant macht.“
Kreativität erfordert auch das Amt des Bürgermeisters von Wilfersdorf. Josef Tatzber steht einer Gemeinde vor, deren Ortschaften vor einigen Jahrzehnten noch im Schatten des Eisernen Vorhangs vergessen waren. Mittlerweile zählt das Liechtenstein Schloss Wilfersdorf zu den Top-Ausflugszielen des Landes Niederösterreich. Die Gastronomie, die mit der Kultur mitgezogen hat, versorgt nicht nur Museumsbesucher und Radwanderer bestens. Einige der Lokale wie die Restaurants Neunläuf oder La Hacienda haben sich mit Ideen und Qualität im kulinarischen Umfeld von Wien durchaus bemerkbar gemacht.
Eine wesentliche Rolle spielt in dem Ganzen natürlich der Wein. Josef Tatzber gerät ins Schwärmen, wenn er über die idealen klimatischen Bedingungen und über den herrlichen Lehm- und Lössboden dieses Landstrichs erzählt: „Wir liegen im Herzen des Zayatals und speziell der Grüne Veltliner aus unserer Gegend weist besondere Fruchtigkeit auf, nicht nur am Gaumen, sondern bereits in der Nase, ist spritzig und pfeffrig, wie man es sich von einem Weinviertler DAC erwartet.“
Bei dieser Ansage handelt es sich keineswegs nur um die Begeisterung eines Weinbauern für´s eigene Produkt. Tatzber ist geprüfter Weinverkoster und weiß, wie man sieht, die Vorzüge des Wilfersdorfer Weines fachgerecht zu begründen.
Der beste Grüne Veltliner und dazu ein Rotwein wird Jahr für Jahr für den Gemeindewein ausgewählt. Dazu wurde ein unbestechliches System mit zwei Verkostungsdurchgängen entwickelt. Die erste Runde, also die grobe Ausscheidung, wird von externen Profis absolviert. Die verbliebenen Weine werden, natürlich wieder verdeckt, von Promis, Vereinen und den örtlichen Gastronomen bewertet. Mit Sicherheit ist keiner der Winzer in der Jury. Der Sieger wird in einem kleinen Fest im Schloss vorgestellt und liefert ein Jahr lang den Wein für besondere Anlässe in der Gemeinde. Dass es sich dabei um einen Spitzenwein handelt, braucht nicht eigens erwähnt zu werden. Sicher ist auch, dass durch diese jährliche Kür Wilfersdorfer Wein auch in der Gastronomie mehr und mehr den gebührenden Platz findet.
Der Gemeindewein ist übrigens im Schloss Wilfersdorf erhältlich. 13 örtliche Winzer und der Hausherr, die Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein, haben sich unter der Leitung von Josef Tatzber zu den Schlosswinzern vereinigt. Sie bestücken mit jeweils vier Weinen die Vinothek im Schloss. Einige von ihnen betreiben an Wochenenden von März bis November oder über Anmeldung auch zu anderen Tagen den Schlossheurigen. Darüber steht als verbindendes großes Anliegen: Niemand soll von dannen ziehen, ohne ein Glas Wilfersdorfer Wein genossen zu haben.
